Catalina de Sanctis Ovando und Hilario Bacca haben beide erst als Erwachsene erfahren, wer ihre leiblichen Eltern waren. Der Film zeigt sie bei ihren Auftritten als Zeuge und Zeugin in den Prozessen gegen ihre jeweiligen Zieheltern. In den Interviews berichten sie sehr offen über diesen Einschnitt in ihr Leben und ihre unterschiedlichen Umgangsweisen damit.
Catalina wurde im Folterzentrum Campo de Mayo geboren und von einem Militär mit falscher Geburtsurkunde übernommen. Als sie 1997 im Fernsehen einen Bericht über die Abuelas sah, fragte sie ihre „Mutter“, ob sie ein Kind Verschwundener sei. Diese gab dies sofort zu, behauptete aber, sie sei Waise gewesen, ihre Eltern seien in einem Gefecht umgekommen. Sie solle nicht nach ihrer Identität forschen, sonst kämen sie, ihre „Eltern“, ins Gefängnis. Catalina entzieht sich zunächst der Blutabnahme für den DNA-Test, der dann aber 2008 doch durchgeführt wird und ein positives Ergebnis hat. 2010 lernt sie ihre ursprüngliche Familie kennen und im folgenden Jahr nähert sie sich den Abuelas an, bei denen sie bis heute aktiv ist. Ihr Mann unterstützt sie und hat in Gesprächen mit seinem Schwiegervater herausgefunden, dass dieser sehr wohl wusste, dass Catalinas Mutter kurz nach der Geburt ermordet wurde. Sie wurde bei einem der „Todesflüge“ betäubt ins Meer geworfen. Catalina wird klar, dass sie ihre Fröhlichkeit, die auf Kinderfotos noch zu sehen ist, im Lauf der Zeit verloren hat, dass sie schon früher ein diffuses Gefühl hatte, jemand anders zu sein, und sich deshalb selbst abgelehnt hat. Sie möchte sich von ihren Zieheltern lösen und mit dieser falschen Vergangenheit nichts mehr zu tun haben. Sie sagt im Prozess gegen ihre Zieheltern aus und ist erleichtert, als diese wegen Kindesentführung zu 15 bzw. 12 Jahren verurteilt werden.
Für Hilario dagegen ist der Prozess gegen seine Zieheltern, zu denen er ein sehr inniges Verhältnis hat, ein Albtraum. Sie hatten ihm schon als Kind gesagt, dass er nicht ihr leibliches Kind ist. Als er seine wahre Identität erfährt, lernt er seine Großmutter Coqui kennen, die glücklich ist, nach 30 Jahren das Kind ihrer ermordeten Tochter gefunden zu haben, und er stellt ein Foto seiner Mutter zu den übrigen Familienfotos. Aber er möchte seine Zieheltern nicht verurteilt sehen. Dass sie seine Geburtsurkunde gefälscht haben, sei doch kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die hätten andere begangen. Durch die Befragung im Prozess fühlt er sich in die Enge gedrängt. Er verteidigt seine Zieheltern und berichtet von der erzwungenen DNA-Probe, für die morgens um fünf sein Haus gestürmt wurde, eine Szene wie aus der Diktatur, prangert Hilario an. Sieht so der Schutz der Opfer aus? Seine Großmutter Coqui ist hin- und hergerissen zwischen dem Verständnis für den Enkel und dem Wunsch, dass es ihm gut gehen soll, und andererseits dem Anliegen der Abuelas, gegen die Straffreiheit vorzugehen. Sie sagt im Prozess gegen die Zieheltern aus: Es sei nicht glaubhaft, dass diese gebildeten Leute nicht gewusst hätten, woher das Kind kam. Alle hätten damals gewusst, dass gefangene Mütter umgebracht und ihre Kinder verschenkt wurden, und der Folterer, der das organisiert hat, ist sogar Hilarios Taufpate. Bei den Szenen im Gericht werden die menschlichen Dramen dieses Prozesses, dessen Ausgang bei allen Beteiligten Wunden hinterlassen wird, auch für die Zuschauer*innen eindringlich spürbar.
In Argentinien haben Menschenrechtsorganisationen und Angehörige der Opfer bei der Aufarbeitung der Diktaturverbrechen und im Kampf gegen die lange gesetzlich garantierte Straffreiheit viel erreicht. Wie schwierig es jedoch ist, Gerechtigkeit wiederherzustellen und allen Opfern gerecht zu werden, das zeigt dieser Film auf eine sehr persönliche und eindrucksvolle Art.