Als Erich Honecker auf der Flucht vor der bundesdeutschen Justiz 1991 in der chilenischen Botschaft in Moskau um Asyl bat, war die Überraschung bei den Medien groß. Warum ausgerechnet dort? Die Antwort war einfach: Clodomiro Almeyda, der Botschafter Chiles in Moskau, hatte nach dem Putsch im September 1973 in Ost-Berlin Zuflucht gefunden. Mehr noch, die DDR hatte der Leitung der Unidad Popular (UP) im Exil die Infrastruktur zur Verfügung gestellt, die sie für ihre Arbeit brauchte: Büroräume, Dienstwagen und kontinuierliche Reisemöglichkeiten inklusive der notwendigen Devisen. Als prominente UP-Vertreter auch im Ausland von Schergen der Pinochet-Diktatur ermordet wurden, wie Orlando Letelier in Washington, stellte die DDR gefährdeten Exil-Politikern auf ihrem Territorium, wie Clodomiro Almeyda, damals Auslandsleiter der UP, oder Carlos Altamirano, Generalsekretär der Sozialistischen Partei, persönliche Leibwächter.
Mit ihrer 500 Buchseiten umfassenden Dissertation „Die DDR und Chile“ hat die Historikerin Inga Emmerling nun eine grundlegende Untersuchung über die Beziehungen der beiden Staaten vorgelegt. Ihre Darstellung beginnt in den 60er-Jahren, als es in der Regierungszeit Eduardo Freis zu einer ersten Annäherung kam. Freis Christdemokratische Partei (PDC) stand damals für eine Politik, die nach europäischen Maßstäben als sozialdemokratisch galt: Die Industrie- und Wirtschaftsstruktur sollte über die Belebung der Binnennachfrage gestärkt werden. Erreicht werden sollte das durch (moderate) soziale und wirtschaftliche Reformen. Diese sollten die ärmeren Bevölkerungsschichten besser stellen und in die Lage versetzen, Produkte der nationalen Industrie zu kaufen. Zur Finanzierung der Reformpolitik wollte die PDC dem Staat durch höhere Steuern einen größeren Anteil der Erlöse aus der Kupferförderung sichern. Um die Abhängigkeit von den westlichen Staaten, allen voran den USA, zu reduzieren, sollten die Auslandsbeziehungen diversifiziert werden. In diesem Zusammenhang hatte Chile auch ein Interesse, die wirtschaftlichen Beziehungen zu den sozialistischen Staaten zu entwickeln.
Die DDR wiederum versuchte, ihre relative außenpolitische Isolierung zu überwinden. Im Zuge der sogenannten „Hallsteindoktrin“ drohte die Bundesrepublik allen Staaten Sanktionen an, die die DDR anerkannten, also diplomatische Beziehungen zu ihr aufnahmen. Für die Länder Lateinamerikas, Afrikas und Asiens bedeutete das, dass sie im Falle einer Anerkennung der DDR keine Entwicklungshilfeleistungen der BRD erhalten hätten.
Da die DDR nicht anbieten konnte, ausbleibende Mittel aus der BRD durch eigene Zahlungen zu kompensieren, war ihr Status in den Ländern des Südens relativ schwach. In Lateinamerika unterhielt nur das revolutionäre Cuba ab 1963 diplomatische Beziehungen zur DDR. Allerdings betrieb die DDR Handel mit verschiedenen lateinamerikanischen Staaten und versuchte dort – wenn möglich – Handelsvertretungen einzurichten. Zudem förderte sie die Gründung von DDR-Freundschaftsgesellschaften in diesen Ländern, deren verantwortliche Funktionäre meist aus den jeweiligen Kommunistischen Parteien kamen. Koordiniert wurde diese Arbeit durch die „Deutsch-Lateinamerikanische Gesellschaft“ (Deulag) und die „Liga für Völkerfreundschaft“ in Ostberlin. Diese stellten den Freundschaftsgesellschaften Informationsmedien über die DDR sowie didaktische Materialien für Sprachkurse zur Verfügung.
In Santiago de Chile wurde im Mai 1960 das Centro de Información de Chile con Alemania Democrático gegründet, aus dem 1961 das Instituto Chileno-Alemán Democrático de Cultura wurde. Es organisierte Film- und Vortragsabende und bot Deutschunterricht an. Das entsprach dem Tätigkeitsprofil der westdeutschen Goethe-Institute, die allerdings personell und finanziell deutlich besser ausgestattet waren. Die Regierungszeit der Christdemokraten (1964-70) brachte eine deutliche Belebung des Handels zwischen der DDR und Chile. Hatte die DDR vor 1964 lediglich Waren für 500 000 Valutamark (VM) nach Chile exportiert, erhöhte sich das Exportvolumen bis 1970 auf 22 Millionen VM. Umgekehrt hatte Chile vor 1964 keine Güter in die DDR exportiert, 1970 lag der Wert der Exporte bei acht Millionen VM.
Ein Lehrstück für den Spagat der Außenwirtschaftspolitik der DDR zwischen dem Interesse der staatlichen Unternehmen an billigen Rohstoffen und dem ideologischen Anspruch, anders zu agieren als die kapitalistischen Staaten, waren in den 60er-Jahren Pläne, eine Kupferverarbeitungsanlage als Joint Venture zwischen einem chilenischen (Privat-)Unternehmen und einem DDR-Kombinat (Staatskonzern) zu errichten. Die Regierung Frei wollte die Wertschöpfung aus der Kupferproduktion erhöhen, indem Arbeitsprozesse zur Veredelung des Rohkupfers in Chile durchgeführt wurden. Für die DDR war das Projekt interessant, weil absehbar war, dass die eigene Kupferförderung und die vereinbarten Lieferungen von Rohkupfer aus der Sowjetunion den Bedarf der DDR-Industrie mittelfristig nicht decken konnten, so dass zusätzlich Kupfer auf dem Weltmarkt gekauft werden musste. Es entsprach den Erfordernissen der Planwirtschaft, diese Kupferlieferungen nicht kurzfristig zu disponieren, sondern durch langfristige Verträge zu sichern.
Die DDR-Industrie erhoffte sich von derartigen Lieferabkommen auch einen günstigeren Preis, um ihre knappen Devisen zu schonen. Der chilenische Staat erwartete hingegen von sozialistischen Ländern bessere Konditionen als von kapitalistischen Unternehmen. Ein weiteres Problem waren die Löhne und sozialen Standards in einem Joint Venture. Sowohl die chilenischen Unternehmen, die möglichst hohe Gewinne realisieren wollten, als auch die DDR, deren Hauptziel günstige Kupferprodukte waren, hatten ein Interesse an niedrigen Arbeitskosten. Das sahen die chilenischen Gewerkschaften und Linksparteien naturgemäß anders. Sobald sie von dem Projekt der Kupferverarbeitungsanlage erfuhr, brachte die Kommunistische Partei Chiles (PCC) grundlegende Bedenken vor. Die in der Frente de Acción Popular (FRAP – aus der sich später die Unidad Popular entwickelte) zusammengeschlossenen Linksparteien hatten sich in ihrem gemeinsamen Programm grundsätzlich gegen Joint Ventures mit ausländischen Unternehmen ausgesprochen. Zudem befürchtete die PCC, dass mögliche Arbeitskämpfe in einem gemischten Unternehmen mit einem sozialistischen Land sie in eine schwierige Position bringen würden. Es gab mehrere Gesprächsrunden zwischen Delegationen der SED und der PCC, in denen die Deutschen eine Reihe von Zusagen bezüglich Arbeitsrechten machten, so dass die PCC ihre Vorbehalte schließlich aufgab.
Bedenken gab es auch auf Seiten der DDR. Die wurden vor allem Hermann Kleyer, Leiter des „Amtes zum Schutze des Volkseigentums im kapitalistischen Ausland“, vorgetragen. Bei einer Kosten-Nutzen-Analyse der geplanten Kupferverarbeitungsanlage kam er zu dem Ergebnis, dass es für die DDR letztlich günstiger wäre, entsprechende Kupferprodukte auf dem Weltmarkt zu kaufen, als sie in einem Joint Venture in Chile herzustellen. Interessanterweise lief die „politische Meinungsbildung“ in der DDR-Bürokratie ähnlich wie im Westen. Auch hier wurden politische Argumente vorgeschoben, wo es um wirtschaftliche Vorteile ging. So führte Hermann Kleyer, der aus ökonomischen Gründen gegen das Projekt war, sehr nachdrücklich die politischen Argumente der PCC gegen das Joint Venture an. Letztlich setzte sich die wirtschaftliche Logik durch und die DDR entschied sich gegen die Kupferverarbeitungsanlage.
Eine intensive Zusammenarbeit pflegte die SED seit den sechziger Jahren zur PCC. Es gab nicht nur regelmäßige Treffen, sondern die DDR lieferte den chilenischen KommunistInnen auch Maschinen zum Ausbau der Parteidruckerei. Hier wurde ebenfalls heftig um den Preis gefeilscht. Letztlich konnte die PCC deutliche Preisnachlässe aushandeln. Dagegen wurde 1966 eine Anfrage Salvador Allendes und der Sozialistischen Partei Chiles nach Lieferung einer Druckerei aus der DDR abschlägig beschieden, obwohl die cubanische Staatsführung angeboten hatte, für die chilenischen SozialistInnen zu bürgen. Doch Mitte der 60er-Jahre galten der DDR weder die RevolutionärInnen in Havanna noch Salvador Allende als ideologisch zuverlässig.
Auch wenn die DDR während der Regierungszeit Freis eine Handelsvertretung in Chile eröffnete, gelang der entscheidende politische Durchbruch, nämlich die Aufnahme diplomatischer Beziehungen, nicht. Hier war der Druck der Bundesrepublik zu stark, deren Botschaft jede noch so kleine DDR-Delegation mit Argusaugen beobachtete und stets bei den chilenischen Stellen dagegen protestierte.
Eine Anerkennung der DDR konnte es erst nach dem Wahlsieg der Unidad Popular geben. In ihrem Wahlprogramm hatte sich die UP für die Intensivierung der Beziehungen zu den sozialistischen Ländern und damit auch zur DDR ausgesprochen. Diese sandte eine hochrangige Delegation zum Amtsantritt Salvador Allendes und hoffte, ein Abkommen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen unterzeichnen zu können. Doch die chilenische Seite bat um etwas Geduld. Der neue Außenminister Clodomiro Almeyda erklärte der DDR-Delegation, wegen der Nationalisierung von US-Kupferunternehmen rechne man mit massivem Druck der US-Regierung. In dieser Situation wolle man nicht auch noch einen diplomatischen Konflikt mit der BRD. Erst im März 1971 vereinbarten eine chilenische Regierungsdelegation, die zur Leipziger Frühjahrsmesse angereist war, und VertreterInnen des Außenministeriums der DDR die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Obwohl bundesdeutsche Politiker noch versucht hatten, die chilenische Regierung zumindest zur Verschiebung der Anerkennung zu bewegen, riet die BRD-Botschaft in Santiago nach dem Abkommen von Sanktionen ab, um der DDR nicht das Feld in Chile zu überlassen.
Die UP-Regierung hatte große Erwartungen an die DDR. Sie erhoffte sich die Lieferung von Industrieanlagen sowie zinsgünstige Kredite, Ausbildungshilfe und technisch-personelle Unterstützung. Die DDR-Führung hegte zwar Sympathien für das Regierungsprojekt der UP, in der die PCC nach den Sozialisten zweitstärkste Kraft war, doch wollte man sich zunächst nicht allzu stark engagieren. Größere Transferleistungen für Chile drohten eigene ökonomische Projekte und die Versorgung der DDR-Bevölkerung mit bestimmten Konsumgütern zu beeinträchtigen. So versuchte man die Erwartungen aus Chile herunterzuschrauben. Das ging soweit, dass das Außenministerium der DDR forderte, bei spanischsprachigen Propagandamaterialien zwar die sozialen Fortschritte in der DDR hervorzuheben, ihre wirtschaftliche Stärke aber nicht allzu sehr zu betonen, um in Chile nicht überzogene Begehrlichkeiten zu wecken.
Während man bei chilenischen Bitten um Kredite und Lieferungen technischer Anlagen eher zurückhaltend reagierte, war man bei Anfragen nach personeller Hilfe aufgeschlossener. Die DDR verfügte über gut ausgebildete TechnikerInnen, die in Chile eingesetzt werden konnten, ohne dass das gleich zu Problemen in den heimischen Betrieben und Universitäten führte. Unmittelbar nach der Aufnahme der Beziehungen begann die DDR, Fachleute auf einen Einsatz in Chile vorzubereiten und zu entsenden. Von 1971 bis zum September 1973 arbeiteten mehrere hundert DDR-ExpertInnen in Chile, in der Kupferverarbeitung, der Chemieindustrie, der Fischerei, der Landwirtschaft, im Rundfunk und vielen anderen Bereichen.
Auch bei der personellen Hilfe gab es Diskussionen über die Finanzierung. Von der westlichen Entwicklungshilfe waren es die ChilenInnen gewohnt, dass die Entsendestaaten 90 Prozent der Lohn- und Unterhaltskosten ihrer ExpertInnen übernahmen. Von einem sozialistischen Staat erwartete man zumindest die gleichen Konditionen, die Länder wie Schweden, Belgien oder die Schweiz anboten. BeraterInnen aus diesen Ländern kosteten Chile im Schnitt pro Person 175 US-Dollar im Monat. Nach längeren Verhandlungen einigten sich Ost-Berlin und Santiago darauf, dass Chile für Fachleute aus der DDR 375 Dollar monatlich in seiner Landeswährung zahlen sollte. Das entsprach 26-27 Prozent der realen Kosten. Den Rest übernahm die DDR. Zusätzlich zur Entsendung von ExpertInnen stellte Ost-Berlin mehreren hundert ChilenInnen Stipendien für ein Studium oder eine Ausbildung in der DDR zur Verfügung.
Ein konfliktives Thema blieb das Kupfer, da die DDR weiterhin versuchte, chilenisches Kupfer unter dem Weltmarktpreis zu bekommen. Für die UP-Regierung waren die Nationalisierung und höhere Einnahmen aus der Kupferförderung dagegen Kernpunkte ihres Programms. Der Direktor der chilenischen Kupferbehörde beklagte sich im Juni 1971, dass es „keinen guten Eindruck mache“, wenn die DDR in Verhandlungen immer wieder versuche, zu Vorzugsbedingungen an Kupfer zu kommen. Später wurde der latente Konflikt dadurch entschärft, dass die Lieferungen von Anlagen aus der DDR gegen Kupferlieferungen verrechnet wurden. Das war für beide Länder von Vorteil. Die DDR konnte Maschinen exportieren, die sie auf dem Weltmarkt nur schwer losgeworden wäre, Chile konnte sich Technologien verschaffen, die es wegen der Verweigerung internationaler Kredite anders nicht mehr bekommen konnte.
Die verstärkte Destabilisierungspolitik der USA gegen die UP-Regierung und die Verschärfung der Polarisierung in Chile in den Jahren 1972/73 bedingten, dass sich die DDR immer stärker engagierte, um die UP-Regierung zu stützen. Fakt ist, dass die DDR trotz ihrer beschränkten ökonomischen Möglichkeiten ihre Hilfe kontinuierlich ausweitete, während die Bundesrepublik unter Willi Brandt und Helmut Schmidt (beide SPD) auf Distanz zur UP-Regierung ging und sich letztlich an deren Destabilisierung beteiligte.
Vierzehn Tage nach dem Putsch brach die Regierung Honecker die Beziehungen zum Pinochetregime ab und ließ das Botschaftspersonal und die in Chile tätigen ExpertInnen mit einem gecharterten Flugzeug ausfliegen. Nur einige DDR-VertreterInnen blieben in Santiago und kümmerten sich unter dem Schutz der Botschaft Finnlands um den Abschluss bzw. die Abwicklung laufender Projekte und die Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen. Obwohl die Zusammenarbeit auf fast allen Gebieten beendet wurde, handelte die DDR mit der Militärjunta neue Verträge über die Lieferung von Kupfer aus, die von beiden Seiten genauestens erfüllt wurden.
Der Abbruch der Beziehungen zum Militärregime bedeutete keineswegs das Ende des Chile-Engagements der DDR. Im Gegenteil! Erich Honecker hatte unmittelbar nach dem 11. September 1973 erklärt, die DDR gewähre verfolgten ChilenInnen Asyl. In den folgenden Monaten und Jahren kamen rund 2000 chilenische Flüchtlinge in die DDR. (In die Bundesrepublik kamen nach unterschiedlichen Angaben 2000 bis 3000 ChilenInnen, so dass die DDR im Verhältnis zur Bevölkerungszahl zwei bis dreimal mehr Flüchtlinge aus Chile aufnahm als die BRD.)
In Abstimmung mit den DDR-Großunternehmen und -Behörden wurden den meisten ChilenInnen innerhalb weniger Monate Wohnungen, Arbeits- und Studienplätze sowie Einrichtungskredite zur Verfügung gestellt. Obwohl die SED besondere Beziehungen zur PCC unterhalten hatte, galt das Asylangebot auch für Mitglieder anderer Linksparteien. Wie schon erwähnt, errichtete die Unidad Popular ihr europäisches Sekretariat in Ost-Berlin, die Sozialistische Partei hatte dort ihre internationale Parteizentrale, während sich die der PCC in Moskau befand.
Natürlich interessierte sich auch die Staatssicherheit für die ChilenInnen. Zum einen galt es, ihre Büros und SprecherInnen gegen mögliche Anschläge des Pinochetregimes zu schützen, zum anderen fürchtete (und vereitelte) die Stasi wohl auch rassistische Übergriffe auf die Flüchtlinge. Obwohl nach den von Inga Emmerling geführten Interviews mit in der DDR exilierten ChilenInnen nur wenige von Beschimpfungen und Übergriffen berichteten, gab es sie vereinzelt. Engerling erwähnt in diesem Zusammenhang den Neid auf gewisse Privilegien der ChilenInnen, die relativ schnell Wohnungen erhielten, auf die DDR-BürgerInnen lange warten mussten, und als AusländerInnen relative Reisefreiheit genossen. Das mag zu Frustrationen geführt haben – allerdings brauchen RassistInnen nirgendwo besondere Gründe, um andere Menschen herabzuwürdigen.
Und ebenso wenig brauchen Geheimdienste Hinweise auf mögliche Straftaten, um tätig zu werden. So sah sich die DDR-Staatssicherheit nicht nur dafür zuständig, die Flüchtlinge zu schützen, sondern auch, sie zu überwachen. Verdächtig waren vor allem diejenigen, die häufiger in den Westen, vor allem die BRD und Westberlin reisten und dort Kontakt zu „extremistischen Elementen“, sprich der Chile-Solidaritätsbewegung, hatten. Die Stasi versuchte zu verhindern, dass ChilenInnen deren Flugblätter und Broschüren in die DDR einführten und dort verbreiteten. Die Stasi bemühte sich auch, informelle MitarbeiterInnen (IM) unter den ChilenInnen und Leuten anzuwerben, die mit ihnen zu tun hatten. Da schaute man besonders nach Frauen, die nach Beobachtungen der Stasi „bei denen Chilenen hoch um Kurs standen“. Schwierigkeiten hatte die Stasi, informelle MitarbeiterInnen unter den chilenischen KommunistInnen zu finden. Die PCC hatte es ihren Mitgliedern untersagt, Informationen über Interna an andere Organisationen weiterzugeben. Dazu gehörten auch die SED und die Stasi. Die kannten ihre „Pappenheimer“…
Das Buch „Die DDR und Chile“ bietet eine sauber recherchierte Darstellung der Beziehungen beider Staaten. Es zeigt auch auf, wie sich politische Dynamiken entwickeln, die etwa dazu führten, dass sich die DDR 1972/73 weitaus stärker in Chile engagierte, als ihre Führung das zunächst wollte. Darüber hinaus bietet das Buch spannende Einblicke in die divergierenden Interessen und Entscheidungsprozesse in den staatlichen Organen der DDR.
Inga Emmerling: Die DDR und Chile – Außenpolitik, Außenhandel und Solidarität, Ch. Links-Verlag, Berlin 2013, 528 Seiten, 49,90 Euro