Im Mai dieses Jahres fanden in Bonn die internationalen Verhandlungen zum Schutz und Nutzen biologischer Vielfalt statt. Rechtzeitig zu diesem Megaevent der Großen Koalition legten Michael Frein und Hartmut Meyer ein Buch vor, welches sich den verdeckten Hintergründen der Konvention über die biologische Vielfalt widmet – denn auch hier geht es ums große Geschäft. Die Autoren, beide in NRO tätig, schildern in sieben Kapiteln anschaulich die Problematik der Biopiraterie, also die Aneignung genetischer Ressourcen durch Unternehmen mit Hilfe des Patentrechts. Zu Beginn werden auf wenigen Seiten zwei Fälle von Biopiraterie (Hoodia-Kaktus und Teufelskralle) aus Südafrika vorgestellt, die im Laufe des Buches immer wieder zur Illustration der in manchen Teilen doch etwas vertrackten und trockenen Rechtsmaterie dienen – dadurch gelingt den Autoren eine recht plastische Schilderung der zugrunde liegenden Problematik.
Nach einer Darstellung der globalen Rahmenbedingungen und der Grundlagen und Entwicklung des Patentrechts werden im fünften Kapitel acht weitere Fälle von Biopiraterie beschrieben: Einige wurden bereits in den Medien erwähnt, wie Neem, Ayahuasca oder Basmati, andere wie die Pelargonie oder das Madagaskar-Immergrün haben aber auch für informierte LeserInnen noch eine Menge „Aufregungspotential“.
Im sechsten Kapitel werden die Positionen der Industrie am Beispiel des Pharmasektors dargestellt. Aufgezeigt wird, dass das Argument der Pharmaindustrie, genetische Ressourcen seien doch gar nicht mehr für die Forschung nötig und daher die derzeit heftigst diskutierten Regeln zu Fragen des Zugangs zur biologischen Vielfalt und des fairen Vorteilsausgleichs kaum relevant, vor allem ein taktisches Argument ist. Der Heilpflanzensektor bietet ein enormes wirtschaftliches Potential für die Industrie. Zu kurz kommt in diesem Kapitel die Landwirtschaftsindustrie und deren Auswirkungen auf die Zerstörung der biologischen Vielfalt bei gleichzeitiger Angewiesenheit auf die genetischen Ressourcen für weitere Züchtungen.
In den letzten beiden Kapiteln widmen sich die Autoren der internationalen Debatte um die Eingrenzung und Verhinderung von Biopiraterie sowie den Perspektiven der kommenden zwei Jahre. Viele Detailinformationen und eine Schilderung der Verhandlungen der Biodiversitätskonvention (CBD), aus der häufig das Kopfschütteln ob der diplomatischen Verrenkungen herauszulesen ist, veranschaulichen die Fallstricke der Debatte, auch wenn meines Erachtens die Rolle der Europäischen Union zu positiv gesehen wird. Aber das werden die Entwicklungen der kommenden Jahre zeigen.
Das Buch profitiert von der reichhaltigen Erfahrung der Autoren auf nationalem und internationalem Parkett. Schade ist nur, dass dies als Argument genommen wird, nur wenige Verweise und Literaturangaben in den Text aufzunehmen. Zum Weiterlesen sind interessierte LeserInnen auf eigene Recherche angewiesen. Dennoch: Ein lesenswertes Buch für alle, die sich mit globaler Gerechtigkeit und nationaler Politik auseinandersetzen wollen.
Gregor Kaiser
Michael Frein/ Hartmut Meyer (2008): Die Biopiraten. Milliardengeschäfte der Pharmaindustrie mit dem Bauplan der Natur, Econ-Verlag, 250 Seiten, 16,90 Euro