Die Politik nicht den alten Kräften überlassen

Wann und warum haben Sie angefangen, Politik zu machen?

Mein beruflicher Hintergrund ist die rechtliche Beratung und Verteidigung indigener Gemeinschaften. Ich hatte fünfzehn Jahre als Rechtsanwältin gearbeitet und vor allem die Verfolgten und Entrechteten des Landes vertreten. In gewisser Weise bedeutet das auch Politik zu machen, denn die Verteidigung implizierte, das bestehende Wirtschaftssystem, politische Entscheidungen und geltende gesetzliche Normen in Frage zu stellen. Neben der Verteidigung der Gemeinschaften dachten wir auch ernsthaft darüber nach, wie dieses Land regiert werden könnte. Ich habe also systemkritische Politik von unten gemacht. Ich war nie Mitglied einer Partei. 2020, als Martín Vizcarra den Kongress auflöste und Neuwahlen veranlasste, suchten die Parteien Kandidat*innen, da aufgrund der Kürze der Legislaturperiode die alteingesessenen Politiker*innen an Kandidaturen nicht interessiert waren. (Die 2020 gewählten Abgeordneten sollten nur 18 Monate, bis zu den nächsten regulären Wahlen, im Amt bleiben und konnten dann nicht mehr antreten, weil eine direkte Wiederwahl in Peru nicht möglich ist – die Red.) Ich habe mich dazu bereit erklärt, um den indigenen Gemeinschaften eine Stimme im Kongress zu verschaffen, und weil ich den Übergang zu einem neuen Abschnitt in der peruanischen Politik unterstützen wollte. Ich sah das als Chance für einen Lernprozess, habe aber nie daran gedacht, länger in der Politik zu bleiben, oder dass meine Rolle besonders wichtig sein würde.

Parteien sind heute in Peru eher temporäre Vereinigungen, ohne feste Ausrichtung und klares Programm, die sich schnell wieder auflösen. Wie ist das zu erklären?

Eine der verheerendsten Hinterlassenschaften des Fujimorismus ist, neben der Zerstörung des sozialen Bandes und der Organisationskraft, die Zerstörung der politischen Parteien. Fujimoris Konzept war, den Staat ohne Partei zu führen, und er hat dafür gesorgt, dass Parteien als unwichtig angesehen und unvermeidlich mit Korruption in Verbindung gebracht werden. In seiner Amtszeit sind viele Parteien verschwunden. Was man nun bei jeder Wahl beobachten kann, sind Wahlvereinigungen mit einem Führer. Jemand gründet seine Partei, so als würde er eine Firma gründen. Diese Leute haben keine Vision, keinen Blick für die Konstituierung eines Staates, einer Regierung. Sie gehen in die Politik, weil es ein Raum der Macht ist, den sie für ihre Interessen einsetzen wollen. Wir haben hier z.B. Parteien, deren Interesse es ist, ihren Handel zu sichern oder ihre Immobilien. Auch die privaten Universitäten haben ihre eigene Partei. Es ist eine große Herausforderung, heute die Fähigkeit zur Organisation politischer Parteien wiederzuerlangen, denn die Menschen sind sehr ernüchtert. Auch wenn für mich Parteien in einer Demokratie unverzichtbar sind, muss man auch über andere Formen politischer Organisation nachdenken, denn die Menschen glauben nicht mehr an die Parteien.

In den 1980er-Jahren haben viele Frauen linke Parteien aufgrund des herrschenden Machismo verlassen. Sie waren der Ansicht, feministische Politik sei dort unmöglich. Hat sich da etwas verändert?

Es ist schwer als Frau Politik zu machen. Das Thema Machismo durchzieht alle Räume, insbesondere die politischen. Wir haben das Denken, wonach die Macht nur für Männer gemacht ist, noch nicht überwunden. In meiner Zeit im Kongress haben wir viel um die Verabschiedung des Gesetzes zu Parität und Alternation gestritten, damit man in den Parteien die Kandidaturen von Frauen bevorzugen kann. Und tatsächlich haben wir es geschafft, dass nun die Hälfte der Kandidat*innen Frauen sind. Doch der Kampf gegen den Machismo endet nicht bei einer zahlenmäßig ausgeglichenen Verteilung. Zwar gibt es nun mehr Frauen im Kongress, aber was machen diese Frauen? Sie bedienen sich derselben patriarchalen Praktiken. Der aktuelle (von rechten und religiös-konservativen Kräften dominierte – die Red.) Kongress ist sogar dabei, zahlreiche Frauenrechte zurückzunehmen. Dies zeigt uns, dass wir zwei Dinge angehen müssen: ncht nur die zahlenmäßige Repräsentation, sondern auch die Frage, wie wir Frauen auf die Politik vorbereiten. Ich wundere mich immer, wie viel uns noch fehlt, zu verstehen, was Macht aus einer feministischen Perspektive bedeutet, wie man Macht in feministischer Art und Weise ausübt.

Konnten Sie in Ihrer Zeit als Präsidentin des Kongresses und als Premierministerin ihre Anliegen einbringen oder ging es eher darum, das Schlimmste zu verhindern?

Die Ernennung zur Präsidentin des Kongresses passierte sehr abrupt, sie gaben mir keine Möglichkeit darüber nachzudenken, ob ich diese Verantwortung übernehmen sollte. Ich saß bereits im Präsidentensessel, als ich überhaupt darüber nachdenken konnte, wie ich dieses Amt ausübe. Mir war sehr bewusst, dass ich mich in einem männlich besetzten Bereich aufhalte. Meine Vermutung ist, dass sie mich gewählt haben, weil sie mich für schwach, einfach zu manipulieren und zu disziplinieren hielten. Das sind die Stereotype, die sie über Frauen haben. Mein Aussehen passte zu diesen Stereotypen, denn ich bin sehr klein, ich war recht dünn in dieser Zeit und ich habe keine kräftige Stimme. Einen Tag vor meiner Wahl hatten sie die Option, meine Kollegin Rocío Silva-Santisteban zu wählen, eine Frau, die diese Stereotype nicht erfüllt. Sie ist groß, imposant, mit lauter Stimme, eine kluge Frau. Aber sie haben sie nicht gewählt, sondern einen Feldzug gegen sie geführt, weil sie Feministin ist. Sie nahmen hin, dass ich den Posten übernehme, weil ich in ihr stereotypes Bild passte und sie sich sicher wähnten, mich kontrollieren zu können. An meinem ersten Tag als Präsidentin kamen sie in mein Büro, um mich willkommen zu heißen. Aber ihr Auftritt war keine nette Begrüßung, sondern eine Drohung. Sie versuchten mir deutlich zu machen, dass nicht ich, sondern sie die Entscheidungen treffen.

Ich hatte also zwei Optionen: Wenn ich mich an sie halten und alles mit ihnen abstimmen würde, könnte ich ganz beruhigt sein, lange im Amt bleiben und sie würden mich beschützen, so versicherten sie mir. Oder ich würde mich behaupten und das Amt auf meine Weise und unter meinen Bedingungen führen. Ich habe mich für die zweite Variante entschieden. Manche haben mir gesagt: „Setz dich zur Wehr, schrei zurück!“ Aber ich will nicht schreien, ich kann diesen autoritären Stil nicht leiden, ich will ich sein, meinen eigenen Führungsstil haben. Ich übe meine Autorität auf andere Weise aus. Das hat sie sehr irritiert. Sie sind wütend geworden und wir sind viele Male aneinandergeraten. Sie beschimpften und bedrohten mich.

Mit Dina Boluarte steht zum ersten Mal eine Frau an der Spitze Perus. Viele Menschen haben von ihr erwartet, dass sie Pedro Castillos Vision, das Land zu verändern, weiterführen würde. Auch vor ihr gab es bereits mehrere mit Reformversprechen angetretene Regierungen, wie die von Alejandro Toledo, Ollanta Humala oder eben zuletzt Castillo. Warum sind alle gescheitert?

Was Dina Boluarte angeht: Es bekümmert mich wirklich, dass die erste Frau, die dieses Land regiert, es auf diese Weise tut. Boluarte ist keine fähige Präsidentin. Ich habe mit ihr zusammengearbeitet, sie ist sehr beeinflussbar und anfällig für die machistischen Praktiken. Mit ihrem Amtsantritt hat sie sich sehr verändert, bis in ihre Gesten hinein. Sie ist gefangen im patriarchalen Konzept von Macht, das sie autoritär auftreten lässt. Aber nicht sie trifft die Entscheidungen, sondern andere, ihr Premierminister Alberto Otarola, ein fürchterlicher Kerl, oder die rechten Parteien.

Sie kommt aus einer armen Gegend in Apurímac und spricht Quechua, aber schaut euch an, was sie jetzt aus sich gemacht hat. Auf einmal färbt sie sich die Haare und tut alles dafür, ihre andine, bäuerliche Herkunft zu leugnen. Anstatt sich diesen Wurzeln nahe zu fühlen, distanziert sie sich davon und regiert mit den Reichen, den Unternehmern, den Rechten. Hier lässt sich, denke ich, auch die Brücke zu den anderen Präsidenten schlagen, die ihr genannt habt. Die meisten kamen zwar mit einem progressiven Diskurs an die Macht, aber dann erfüllten sie die Erwartungen ihrer Wähler*innen nicht. Ich denke, das hat zweierlei Gründe: Zum ersten gibt es Kandidat*innen, die sich aus populistischen Gründen eine linke, progressive Haltung auf die Fahne schreiben, weil sie wissen, dass es viel Unmut gibt, dass die Leute radikale Veränderungen wollen. So war es zum Beispiel bei Humala. Er hat sich mit der linken Fahne geschmückt, wollte aber von progressiven Veränderungen nichts wissen. Andere – und hierzu zählt z. B. Castillo und damit kommen wir zum zweiten Punkt – glauben zwar an revolutionäre Veränderungen, glauben aber auch, dass sie, wenn sie erst einmal im Amt sind, die Macht haben. Dem ist aber nicht so. Wenn man eine Regierung stellt, besitzt man keine Macht, sondern muss mit den verschiedenen Kräften, die sich dort versammeln, umgehen.

Was wären die wichtigsten Themen einer tatsächlichen Reformagenda, die als erstes angegangen werden müssten?

Um dieses Land zu reformieren, müsste viel geschehen. Die drei wichtigsten Themen wären vielleicht: Erstens, sich klarzumachen, wie sehr es auf einer Struktur beruht, die vor allem dazu dient, den Staat zu übernehmen, wie stark die Korruption eingesickert ist und das Institutionengefüge wie deren Vertretungen verzerrt und somit einen Hemmschuh für Entwicklung darstellt. Wir brauchen eine Politik, die Schluss mit diesen Strukturen macht. So etwas geht nicht über Nacht, aber man muss daran arbeiten.

Eine zweite Aufgabe wäre zu fragen, wohin wir als Land wollen, was unsere Vision ist und welche neuen Gesellschaftspakte zu schließen sind. Gräben durchziehen dieses Land, die sich immer weiter vertiefen. Die Diskriminierung ist historisch gewachsen, es gibt Rassismus, Klassismus. Wie kann man sich als Gemeinschaft, als ein Land begreifen, wenn man sich untereinander verachtet? Die Leute schrecken tatsächlich nicht davor zurück, zu behaupten, die Indigenen ließen uns als Land hinterherhinken, während die Weißen Entwicklung wollten. Wir müssten uns von Grund auf als Nation neu bilden. Ebenso fundamental wäre ein Aussöhnungsprozess. Dieses Land ist vollkommen zentralisiert. Wir brauchen daher eine ernsthafte Dezentralisierung, sodass die Regionen ihre eigenen Vorstellungen einbringen können und ihr Beitrag zur Entwicklung geachtet wird.

Eine dritte Aufgabe wäre, grundsätzliche Probleme in den Griff zu bekommen. Der Gesundheitssektor ist vollkommen desolat, überall fehlen Wasseranschlüsse und Kanalisation. Niemand kümmert sich um die Trockenheit auf dem Land, um Klimaschäden. Viele Leute haben nichts zu essen, auch in den Städten mangelt es an allem. Es fehlen Schulen und Ausbildungsstätten. Es wäre wichtig, ganz praktische Dinge anzugehen wie die Verarbeitung von Nahrungsmitteln. Das Land geht sonst den Bach runter.

Bevor Sie Abgeordnete, dann Kongresspräsidentin und am Ende Vorsitzende des Ministerrates wurden, waren Sie als Anwältin aktive Menschenrechtsverteidigerin, insbesondere auch bei Fällen, in denen Opposition gegen Bergbau kriminalisiert wurde. Wie sehen Sie die Lage und die Perspektiven?

Bergbau und Extraktivismus sind sehr schwierige Baustellen. Wir haben versucht, einen Weg hinaus, einen Übergang in eine andere Wirtschaft, vorzuzeichnen. Aber das wird hier als subversiv angesehen. Wer derartige Vorschläge macht, gilt schnell als Terrorist*in. Da Umweltschäden jedoch immer spürbarer werden, wird man auf Dauer nicht darum herumkommen, über Möglichkeiten des Ausstiegs aus der Abhängigkeit vom Extraktivismus zu reden. In Peru gibt es derzeit mehr als hundert Konflikte im Umfeld des Bergbaus, und die Lage wird immer schwieriger. Bergbau zieht eine Menge Probleme nach sich: Abraum, Umweltschäden, Entzug der Lebensmöglichkeiten für Anwohner*innen. Irgendwann ertragen die Anwohner*innen die Zerstörung ihrer Territorien, Wassermangel, Menschenrechtsverletzungen, Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht mehr. Wir brauchen zweifellos eine Ausstiegsdebatte. Die Betroffenen spielen da eine wichtige Rolle, auch um Alternativen aufzuzeigen, die durchaus möglich sind. Es muss breit debattiert werden.

Das Thema Straflosigkeit ist ebenfalls komplex und schwierig. Sie ist beendbar, aber dazu braucht man politischen Willen. Manchmal denke ich, wir befinden uns ganz im Gegenteil im Rückwärtsgang. Täglich wird die Straflosigkeit fester verankert. Änderungen im normativen Rahmen reichen nicht, und es hilft schon gar nicht, die Leute einfach ins Gefängnis zu stecken. Wir brauchen vielmehr eine Kultur gegen Straflosigkeit und Korruption. Wir müssen anfangen, diese aktiv abzulehnen und deutlich zu machen, wie gefährlich sie sind, wie hoch deren Kosten für das Land sind. Das alles dauert. Aber es ist möglich.

Welche Rolle spielen soziale Bewegungen heute?

Die Ausgangslage ist denkbar schwierig: Es gibt keine wirklichen Parteien, die demokratischen Institutionen sind in der Krise, niemand fühlt sich von niemandem vertreten, niemand kann mehr glaubhaft sagen, wo es langgeht. Umgekehrt aber haben wir eine gleichsam selbst einberufene populare Mobilisierung. Seit Dezember kann man ein höchst interessantes Phänomen beobachten, nämlich wie sich popularer Widerstand, insbesondere im Süden Perus, bildet, ohne dass Parteien oder Führungsgestalten dabei eine Rolle spielen. Das nenne ich eine neue soziale Bewegung. Deswegen bin ich überzeugt, dass wir heute eine sehr politisierte Gesellschaft haben, ohne Parteien, ohne Führer*innen. Ich halte mich viel im Süden oder auch im Norden des Landes auf, also fern der Hauptstadt. Ich habe das Privileg, dorthin von Gemeinden eingeladen zu werden, denn ich gehöre heute keiner Partei an, und zudem haben die Leute offenbar das Gefühl, dass ich zumindest versucht habe, etwas auf die Beine zu stellen, und das wertschätzen sie. So kann ich an Debatten in den Gemeinden teilnehmen und sehen, wie lebendig, wie anregend und kreativ sie sind. Die Leute sind nicht politisch organisiert, nicht in einem traditionellen Sinne. Es gibt viele, die Ideen einbringen, denen man zuhört. Ich denke insbesondere an die Frauen, die Aymara, die Quechua, die sich politisch äußern, die darüber reden, wie dieses Land regiert werden sollte, Kritik üben am herrschenden Modell.

Das ist sehr wichtig. Und was machen wir daraus? Das fragen diese Leute auch. Wollen wir weiter protestieren, wollen wir partizipieren? Es ist beeindruckend, wie mutig gerade die Frauen sind. Sie wollen durchaus den Widerstand anführen, aber sie fragen sich, wie sie Veränderungen bewerkstelligen sollen, wenn sie in Lima einfach nicht beachtet werden.

Ich glaube, die Regierung nutzt aus, dass die Bewegung keine sichtbaren Führungsgestalten hat. So kann sie sie schlicht ignorieren. Eine Dina Boluarte kann sich hinstellen und sagen: „Das sind nur ganz Wenige, die protestieren. Außerdem sind sie Terrorist*innen.“ Das ist der Nachteil, wenn keine klassische Partei dahintersteht. Die Leute gelten schlicht nicht als politische Subjekte. Es fehlt an Möglichkeiten, die eigenen Forderungen zu kanalisieren.

Die Debatte diesbezüglich ist sehr interessant. Ich teile einerseits die Auffassung dieser Leute, nicht in die Politik, wie sie ist, einzutreten. Aber es müsste eine Form der Organisierung und der Vertretung geben, um sagen zu können: „Hier sind wir, und das sind unsere Vorschläge.“

Eine dieser Frauen, von denen Sie reden, ist Máxima Acuña. Sie waren ihre Anwältin. Wie hat sie sich durchsetzen können?

Máxima ist eine der weisesten Frauen, die ich kenne. Eine Indigene, die nie in die Schule ging. Sie ist nicht durch diesen Prozess gegangen, der viele Menschen deformiert. Sie hat ihre ganz eigene Art, sich Kenntnisse anzueignen und sie weiterzugeben. Ich habe sehr, sehr viel von ihr gelernt. Die Logiken und die Weisheit der andinen Frauen sind beeindruckend. Máxima hatte eine fundamentale Rolle, etwa bei der Begründung, warum die Verteidigung der Territorien so wichtig ist. Sie ist da ganz klar. Sie lebt weiter auf ihrem Territorium, ist bedroht wie alle dort, da das Bergbauunternehmen weiter mit Räumung droht. (vgl. Beitrag „Máxima Acuña will Gerechtigkeit“ in dieser ila) Viele sagen, Máxima solle eine politischere Rolle einnehmen, nicht nur auf ihrem Land bleiben. Sie hat darüber nachgedacht und ist zu dem Schluss gekommen, bei der Verteidigung ihres Territoriums zu bleiben. Ich denke, was sie macht, sollten auch andere Führungsfiguren tun, damit sie sich nicht so schnell abnutzen, Bodenhaftung verlieren. Wir brauchen keine Märtyrer*innen, wir brauchen immer wieder frische Ideen.

Was sind konkrete Schritte, um aus der Krise zu kommen, die derzeit Dina Boluarte heißt?

Das ist sehr schwierig. Es werden nicht nur Rechte verweigert, wir haben auch Menschenleben verloren. Es verbietet sich, darüber hinwegzugehen, dass Menschen umgebracht wurden. Nichts geht daran vorbei, dass Dina Boluarte weg muss. Diese Frau muss gehen. Sie ist ein Angriff auf die Würde und Ehre der Leute. Zurücktreten wird sie sicher nicht. Neuwahlen sind wohl auch ausgeschlossen, weil der Kongress sie nicht will, denn die Parlamentarier*innen würden ihre Privilegien verlieren. Aber ein Bruch ist nötig. Meiner Meinung nach wird die herrschende Klasse ihn selbst provozieren. Deren Mitglieder haben bisher die Macht unter sich aufgeteilt, aber es beginnt zu rumoren. Dina Boluarte ist keine Führungsfigur mit Hausmacht. Daher können sie sie irgendwann fallen lassen.

Die Gesellschaft braucht eine andere Vertretung, braucht Veränderungen und Diskussionen über diese dringenden Veränderungen. Ich glaube, im Moment geht es vor allem darum zu kämpfen, noch nicht darum aufzubauen. Kämpfen für die Veränderungen, die die Mehrheiten brauchen.

Werden Sie irgendwann in die Politik zurückkehren?

Ich habe zwei Dinge in meiner Zeit als Politikerin verstanden: Politikmachen ist vor allem sehr zermürbend. Wenn ich nur an mich persönlich denke, würde ich nie wieder in die Politik einsteigen. Das eigene Leben wird stark beeinträchtigt, es fehlt Ruhe, man bringt Leute, die man liebt, in Gefahr, auch die eigenen Kinder. Und Politik ist korrupt. Das ist alles richtig. Aber es gibt auch eine moralische Pflicht. Wenn ich also meine Pflicht als Bürgerin mit einbeziehe, denke ich, man darf die Politik nicht denen überlassen, die darin nur ihren persönlichen Vorteil suchen. Man muss Politik machen, aber auf verschiedene Arten. Ich schließe nicht aus, irgendwann wieder irgendeinen Posten anzustreben, aber auch nicht, weiter Politik von unten zu machen. Ich finde es sehr schön, mit den Leuten zu arbeiten, auf dem Land, in den Provinzen, junge Leute zu ermutigen, das ist wichtig. Vielleicht wird meine politische Rolle auf dieser Ebene sein. Auf jeden Fall muss man Politik machen.