Ein Riesenverlustgeschäft

In einem 2003 erschienenen Bericht über Fastwood („schnelles Holz“) Baumplantagen kam das Internationale Zentrum für Fortstwirtschaftsforschung (CIFOR) zu dem Schluss: „Je eher Subventionen für kommerzielle Plantagen abgesetzt oder zumindest drastisch reduziert werden, desto besser.“ CIFOR fügte hinzu, dass „Subventionen wirtschaftliche Verzerrungen erzeugen und Plantagen in einigen Fällen machbar erscheinen lassen, bei denen andere Landnutzungen viel mehr Sinn im Hinblick auf Umwelt und Wirtschaft ergeben würden“. Die Botnia-Zellstofffabrik sowie die dazu gehörigen industriellen Baumplantagen sind ein gutes Beispiel dafür.

Zur Finanzierung im Einzelnen: Sechzig Prozent der Finanzierung ist Kapital, das von Botnia und seinen AktionärInnen investiert wird, der Rest kommt von externen Krediten. Folgende Quellen öffentlicher Gelder tragen zur Finanzierung des Projekts bei:
• 170 Millionen US-Dollar von der Internationalen Finanz-Corporation (IFC);
• 350 Millionen US-Dollar Garantie von der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA);
• 100 Millionen US-Dollar Rückversicherung von Finnvera für die Garantie von MIGA;
• 70 Millionen US-Dollar von der Nordic Investment Bank;
• 230 Millionen US-Dollar Käuferkredit-Garantie von Finnvera;
• 7 Millionen US-Dollar von Finnfund für Botnias Plantagen-Tochtergesellschaft Forestal Oriental.

Die Internationale Finanz-Corporation IFC wurde 1956 als Tochtergesellschaft der Weltbank für den Privatsektor gegründet. Als Teil der Weltbank verfolgt die IFC folgende Ziele: „Armut bekämpfen mit Leidenschaft und Professionalismus, um lang anhaltende Erfolge zu erzielen. Wir wollen den Menschen helfen, sich selbst und ihrer Umwelt zu helfen, indem wir Ressourcen und Know-how bereitstellen, Kapazitäten schaffen sowie Partnerschaften im öffentlichen und privaten Sektor vorantreiben.“ Die Tatsache, dass die IFC eine Finanzierung zugesagt hat, wird von Firmen häufig als Gütesiegel gedeutet. Als die IFC im November 2006 ihren Kredit für Botnia zusagte, ließ Erkki Varis, Geschäftsführer und Präsident von Botnia verlauten: „Umfassende Untersuchungen haben ganz klar die Vorteile bestätigt, die die Fabrik mit sich bringen wird. Wir hoffen, dass die heutige Entscheidung dazu beiträgt, die verschiedenen Betroffenen davon zu überzeugen, dass die Fabrik die relevanten Umweltstandards erfüllt und das Wohlergehen der Bevölkerung in der Gegend nicht beeinträchtigt.“

Die Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur MIGA gehört auch zur Weltbankgruppe und hat die gleiche Zielsetzung wie die gesamte Weltbankgruppe (s.o.). Die Zusage der Weltbank kann entscheidend dafür sein, ob ein Projekt weitergeführt wird oder nicht. Die Webseite von MIGA erklärt: „Unsere Anwesenheit bei einer potenziellen Investition kann wortwörtlich ein no-go in ein go verwandeln. Wir agieren als einflussreiches Abschreckungsmittel gegen Regierungsmaßnahmen, die Investitionen schaden könnten. Selbst wenn eine Kontroverse aufkommt, hilft oft unser Einfluss auf die Gastländer, die Probleme zur allseitigen Zufriedenheit zu lösen.“ Die Garantie von MIGA für das Botnia-Projekt deckt die Investitionen für einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren, „gegen die Risiken Enteignung, Krieg und zivile Unruhen sowie gegen Vertragsbrüche“. 

Die Nordic Investment Bank NIB startete 1976 ihre Operationen auf der Basis eines Abkommens zwischen den Regierungen Dänemarks, Finnlands, Islands, Norwegens und Schwedens. Heute gehört die NIB den Ländern Dänemark, Estland, Finnland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen und Schweden. Ziel der NIB ist es, „nachhaltiges Wachstum in ihren Mitgliedsländern zu fördern, indem sie langfristige komplementäre Finanzierung bereitstellt, die auf soliden Bankenprinzipien basiert, für Projekte, die die Wettbewerbsfähigkeit verbessern und die Umwelt aufwerten“. Im April 2007 unterzeichnete die Nordic Investment Bank ein Abkommen mit der uruguayischen Regierung, das der NIB erlaubt, Botnia einen Kredit für ihre Zellstofffabrik zu gewähren. Das Abkommen enthält Steuerfreiheit für die NIB und ihre Schuldner in Uruguay. Außerdem sieht es legale und administrative Immunität für NIB-Repräsentanten vor.
Finnvera ist Finnlands offizielle Exportkreditagentur und gehört zu 100 Prozent dem Staat. Laut Eigendarstellung auf Finnveras Webseite „tragen Finnveras Operationen dazu bei, Arbeitsplätze zu schaffen und Finnlands Geschäfte voranzutreiben“. Im März 2007 unterzeichneten Finnvera und Botnia ein Käuferkredit-Garantieabkommen über 230 Millionen US-Dollar. Die Garantie ist eine Sicherheit für einen Kredit mit zehnjähriger Laufzeit für Botnia – davon profitieren die kommerziellen Banken, die den Exportkredit finanzieren. Der Exportkredit wird dafür genutzt, Ausrüstung bei der finnischen Zulieferfirma Andritz Oy zu kaufen.

Finnfund beschreibt sich selbst als „ein finnisches Unternehmen für Entwicklungsfinanzierung, das langfristiges Risikokapital für private Projekte in Entwicklungsländern zur Verfügung stellt“. Mehrheitsaktionär ist der finnische Staat (79,9 Prozent direkt und 20 Prozent über Finnvera), die restlichen 0,1 Prozent gehören einem Zusammenschluss finnischer Unternehmen. 2004 gab Finnfund einen Kredit über 7 Millionen US-Dollar an Forestal Oriental (FOSA), ein Plantagenunternehmen, dessen Mehrheitsaktionäre Botnia und UPM sind. Außerdem sind noch zwei private Banken, Nordea und Calyon, an der Finanzierung des Botnia-Projekts beteiligt. Die Nordea-Bank organisiert als Konsortialführer die unterschiedlichen, abgestimmten Kredite von mehreren Privatbanken. Nordea ist eine private Bank, die größte Finanzgruppe der nordischen Länder. Calyon gehört zur französischen Crédit Agricole-Gruppe und ist für den Bereich Investmentbanking zuständig.

Die uruguayische Regierung hat Botnia eine Reihe von großzügigen Subventionen zukommen lassen. Die Zellstofffabrik wurde in einer eigens eingerichteten Steuerfreien Zone gebaut (Steuerbefreiung wurde für 25 Jahre ausgehandelt). Bevor der erste Spatenstich getan wurde, unterzeichnete die uruguayische Regierung einen Vertrag mit der finnischen Regierung, das „Abkommen mit der Regierung Finnlands in Bezug auf Förderung und Schutz von Investitionen“. Tatsächlich handelt es sich um ein Abkommen mit Botnia, in dem die uruguayischen Regierung dem Unternehmen ihre konstante Unterstützung zusichert. Das Abkommen verpflichtet die Regierung sogar zu Kompensationszahlungen an Botnia, falls das Unternehmen Verluste macht aufgrund von Krawallen u.a.

Doch um ein genaues Bild von den Subventionszahlungen zu bekommen, muss man bis ins Jahr 1951 zurückgehen. Damals empfahl eine gemeinsame Kommission von Welternährungorganisation (FAO) und Weltbank, die Forstwirtschaft in Uruguay voranzutreiben, besonders den verstärkten Anbau von passenden Baumsorten für die Nutzholzindustrie. 1985 förderte die Japanische Agentur für Entwicklungszusammenarbeit (JICA) eine Machbarkeitsstudie in Bezug auf den Bau einer chemischen Zellstofffabrik in Uruguay. JICA veröffentlichte die „Rahmenplanstudie für die Einführung von Baumplantagen und die Nutzung von angebautem Holz [sic] in Uruguay“, worin Kiefer- und Eukalyptusplantagen empfohlen werden. Der Nationale Uruguayische Forstwirtschaftsplan von 1988 basiert auf dieser Studie. 1989 vergab die Weltbank einen Forstwirtschaftskredit an Uruguay, der der Industrie mehrere Leistungen einbrachte, u.a. „Steuerbefreiung, teilweise Rückerstattung von Plantagekosten, langfristige weiche Kredite, verminderte Einfuhrzölle auf den Import von Maschinen und Fahrzeugen, Straßen- und Brückenbau, gleiche Leistungen für ausländische Investoren“. Bis 2000 hat der uruguayische Staat insgesamt 69,4 Millionen direkte Subventionen für den Plantagensektor ausgegeben. Er hat auf Steuereinkünfte von 55,8 Millionen US-Dollar verzichtet. Weiche Kredite erreichten eine Summe von etwa 55 Millionen US-Dollar, Investitionen in die Infrastruktur kosteten 234,1 Millionen US-Dollar. Insgesamt subventionierte Uruguay die Industrie mit 414,3 Millionen US-Dollar. 

Die Millionen von Dollar-„Hilfe“ und Subventionen kommen einer Reihe von finnischen Unternehmen zugute: Botnia, Andritz Oy, Jaakko Poyry und Kemira. Der in Uruguay produzierte Zellstoff wird exportiert werden, ebenso die Gewinne. Die Auswirkungen der industriellen Baumplantagen und die Umweltverschmutzung der Zellstofffabrik bleiben in Uruguay. Welche Rolle kann die EU dabei spielen? Da gibt es zwei Vorschläge: Als erstes kann unser Konsum reduziert werden. Als zweites sollten die Gelder der Entwicklungszusammenarbeit nicht mehr in die industriellen Baumplantagen und die Zellstoffindustrie fließen.