So lässt sich der Herbst aushalten: Zu Hause läuft die neue Platte von Karamelo Santo auf repeat und zwischen Mitte Oktober und Mitte Dezember ist es bestimmt auch mal drin, ihre Musik auf einem der zahlreichen Konzerte live zu goutieren. Die sieben ursprünglich aus Mendoza (Argentinien) stammenden Musiker touren bis zum 11. Dezember zum dritten Mal durch Europa. Hingehen ist ein absolutes Muss für alle Tanzwütigen!
Die Band hat jetzt schon gut zehn Jahre und vier Alben auf dem Buckel. Ihre letzte CD „Los guachos“ konnte sie aufgrund der argentinischen Krise erst mit Verzögerung herausbringen. Doch diese dritte Platte wurde im In- und Ausland ein großer Erfolg. Nach interner Krise und Umzug in die Hauptstadt Buenos Aires schufen sich die Jungs zwischen Mitte 20 und Mitte 30 eine neue Lebens- und Schaffensbasis in ihrem Hausprojekt im Stadtteil La Boca. In Europa spielten sie sich im Sommer 2002 und 2003 in die Herzen der Latin-Ska-LiebhaberInnen. Die Mega-Tour 2003 trug ihnen auch den Rekord der am längsten durchs Ausland tourenden argentinischen Band ein – 76 Konzerte in knapp vier Monaten! Purer Wahnsinn, wenn man bedenkt, wie anstrengend so ein Tourleben ist. Andererseits sichert eine solche Tour das Lebenseinkommen für den Rest des Jahres. Trotzdem haben ihre Konzerte sozialverträgliche Eintrittspreise und auch Soli-Konzerte sind mal drin.
Wer jetzt an altbackene Protestmusiker denkt, liegt falsch, ihre Musik rockt durch und durch. Außerdem bietet sie wunderschöne, manchmal von Melancholie durchwehte Melodien – schließlich kommt die Band vom Río de la Plata, der Heimstätte des Melancholie-Übervaters Tango. Nicht zuletzt groovt Karamelo Santos Musik gewaltig – sexy Percussion und elegant eingeflochtene Rap-Parts machen’s möglich. Absolute Lieblingstracks des neuen Albums: „Recuerdo tu futuro hoy“ und „Santa María“, Huldigungen ans Leben und an die Liebste in anrührenden und unpeinlichen Worten.
Aber auch Polizeirazzien, Arbeitslosigkeit und Auslandsverschuldung werden unpropagandistisch thematisiert. Und stets schimmert die Hoffnung durch, dass eine andere bessere Welt möglich ist – es hängt nur von uns allen ab. Musikalisch wird überwiegend Ska geboten, daneben u.a. ein rockiges Salsa-Stück, zwei Cumbia-Stücke und eine Murga, die Karnevalsmusik vom Río de la Plata. Den Sound der neuen Platte könnte man als besinnlicher oder erwachsener als früher bezeichnen, vielleicht aber auch das: melancholischer – was sie wohltuend von der Gute-Laune-Penetranz so mancher Latin-Ska-Band abhebt und somit ganz gut in den Herbst passt …
„Haciendo Bulla“ ist in jedem gut sortierten Plattenladen erhältlich oder unter www.uebersee-records.de, wo auch die genauen Daten der aktuellen Tournee aufgeführt sind.