Eine der beliebtesten Taschenbuchreihen des Rowohlt-Verlages sind die rororo-Bildmonographien. Die kurzen, mit vielen Fotos illustrierten biografischen Bändchen gibt es auch über zahlreiche SchriftstellerInnen – nicht aber über B. Traven, obwohl viele seiner Romane in den 80er-Jahren bei rororo neu aufgelegt wurden und dort auch 1976 das „B. Traven Buch“, das populärste Werk der Traven-Rezeption der 68er-Generation, erschienen ist. Der Grund, warum es diese Bildmonographie nicht gibt, liegt auf der Hand: Wäre es schon extrem schwierig, den Text zu verfassen, wäre es noch weitaus komplizierter, Fotos dafür zu finden. Denn der Autor versuchte nicht nur, seine Biografie im Dunkeln zu lassen, er war auch extrem kamerascheu, weshalb nur ganz wenige Aufnahmen von ihm existieren.
Da war Golo, der französische Autor und Zeichner von Graphic Novels, in Deutschland meist noch Comics genannt, in einer weitaus komfortableren Position: Er kann seine Bilder selber zeichnen. Und weil ihn die Person und das Werk B. Travens interessierte, veröffentlichte er 2007 eine Graphic Novel über den Autor. In letzten Jahr ist im Berliner Avant-Verlag mit „B. Traven – Portrait eines berühmten Unbekannten“ die deutsche Version des Bandes erschienen.
Ich war begeistert, wie es Golo gelungen ist, die Biografie Travens so zu komprimieren, dass sie auf dem wenigen Platz, der auch bei einer mit 140 Seiten, nicht eben dünnen Graphic Novel für Text zur Verfügung steht, erzählt werden kann, ohne völlig verkürzt rüberzukommen. Dabei hat er sich geschickt aus den zahlreichen Kontroversen unter den Traven-Biografen herausgehalten. So wird etwa die Identität Travens als Otto Feige nicht am Anfang erzählt, sondern dort ins Spiel gebracht, wo sie die britischen Journalisten Robinson und Wyatt (vgl. Kasten „Neues zur Biografie B. Travens“) gefunden haben, beim Verhör durch die britische Fremdenpolizei.
Fasziniert hat mich an dem Band aber vor allem die graphische Umsetzung, der Band ist einfach ganz toll gezeichnet, Text und Bilder ergänzen sich perfekt.
Spannend finde ich die Sicht Golos auf Traven. Er zeichnet den alten Traven als sensiblen, zerbrechlichen Künstler, der fast panische Angst davor hat, dass seine wahre Identität aufgedeckt wird. Nicht, weil er sich dieser schämen müsste, sondern weil seine Identität als B. Traven der Schutzraum ist, in den er sich zurückgezogen hat und in dem er sich sicher fühlt. Sehr gelungen ist in diesem Zusammenhang die Darstellung der Dreharbeiten der Hollywoodadaption von „Der Schatz der Sierra Madre“, an der Traven inkognito als Berater mitgewirkt hat, indem er sich als dessen Agent Hal Croves ausgab.
Ein wirklich gelungenes Portrait Travens, vielleicht weil es nicht aus der Feder eines Journalisten oder Literaturwissenschaftlers, sondern aus der eines Künstlers stammt – und weil es nicht mit Travens Tod, sondern mit dem zapatistischen Aufstand 1994 in Chiapas endet.
Golo: B. Traven. Portrait eines berühmten Unbekannten, Graphic Novel, Avant-Verlag, Berlin 2011, 140 Seiten, A4, Hardcover, 24,95 Euro