Bereits im 19. Jahrhundert gab es spanischsprachige MigrantInnen in New York. Aufgrund des langen Unabhängigkeitskampfs von Spanien kamen eine Reihe von CubanerInnen als Exilierte hierher. 1870 zählte der US-Zensus 1565 CubanerInnen in der Stadt, ihre Zahl stieg in den folgenden Jahren während des Zehnjährigen Krieges auf der Karibikinsel (1868-1878) noch weiter an. Einige der EmigrantInnen gehörten der Oberschicht an. Sie gründeten Geschäfte in New York oder fanden Beschäftigung als Übersetzer, Verleger und Lehrer. Es kamen aber auch Arbeiter, die sich vor allem in der Lower East Side und in Chelsea niederließen. Mitte der 1870er Jahre war die spanischsprachige Community groß genug, so dass in der Pearl Street ein Geschäftsdistrikt entstand mit Restaurant, Buchladen und Verlagsbüros einer spanischsprachigen Zeitung. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kamen politisch Exilierte aus Puerto Rico hinzu, wo ebenfalls für die Unabhängigkeit von Spanien gekämpft wurde. Sie schlossen sich politisch mit den CubanerInnen zusammen und es entstand die puertoricanische Sektion der cubanischen Unabhängigkeitspartei. Neben PuertoricanerInnen und CubanerInnen stellten SpanierInnen die dritte wichtige Gruppe spanischsprachiger MigrantInnen in der Stadt.
Mit dem Ende des spanisch-amerikanischen Krieges 1898 erhielt Puerto Rico nicht die Unabhängigkeit, sondern wurde von den USA annektiert. Zunächst blieb der völkerrechtliche Status der Insel und ihrer BewohnerInnen unklar, 1917 erhielten die PuertoricanerInnen aber auf individueller Ebene die US-Staatsbürgerschaft übertragen. Auch wenn diese Maßnahme auf Puerto Rico umstritten war, brachte sie MigrantInnen, die auf das US-Festland gehen wollten, den Vorteil, dass sie kein Visum benötigten. Formal gesehen handelt es sich bei der Migration von PuertoricanerInnen in die USA um eine Binnenwanderung. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts kamen immer mehr PuertoricanerInnen nach New York. Die Stadt wurde zum wichtigsten Zentrum puertoricanischer MigrantInnen auf dem US-Festland. Das hing zunächst mit den Verkehrsverbindungen zusammen. Es existierte ein regelmäßiger Schiffsverkehr zwischen der Hauptstadt Puerto Ricos, San Juan und New York. Mit der wachsenden puertoricanischen Bevölkerung in New York spielten aber auch soziale Gründe eine große Rolle bei der Entscheidung, sich dort niederzulassen. Bereits dort lebende Verwandte, FreundInnen und ehemalige Nachbarn waren besonders in der ersten Zeit der Eingewöhnung in der neuen Umgebung sehr wichtig.
Die meisten der puertoricanischen MigrantInnen, die Anfang des 20. Jahrhunderts nach New York kamen, entstammten der Arbeiterschicht. Viele von ihnen waren gelernte ArbeiterInnen, die in Zigarrenfabriken Beschäftigung fanden. Von den 3000 Zigarrenfabriken, die in den 20er Jahren in New York existierten, befanden sich etwa 500 im Besitz von hispanos und hier arbeiteten ca. 60 Prozent der puertoricanischen MigrantInnen. Die Arbeitsplätze in der Tabakindustrie waren vergleichsweise attraktiv. So berichtet Bernardo Vega, der 1916 von Puerto Rico nach New York kam und eine Autobiographie über sein Leben in der Stadt verfasste, mit Stolz von seiner Tätigkeit als Zigarrendreher. In den meisten Zigarrenfabriken gab es einen Vorleser, der vor allem aus Zeitungen und politischer Literatur vorlas, während die ArbeiterInnen Zigarren herstellten. Mit der zunehmenden Mechanisierung der Tabakindustrie gingen diese Arbeitsplätze allerdings verloren. Für die spanischsprachigen ArbeiterInnen blieben jetzt häufig nur Positionen als Ungelernte in der Industrie oder eine Beschäftigung im Dienstleistungssektor. Puertoricanische Frauen, denen eine besondere Begabung bei Handarbeiten nachgesagt wurde, fanden entweder im Textilgewerbe, häufig als Heimarbeiterinnen, oder ebenfalls im Dienstleistungssektor Arbeit. Allerdings war es für sie insgesamt noch wesentlich schwieriger als für Männer, überhaupt eine Verdienstmöglichkeit zu finden. Insgesamt stellte sich die Lage für lateinamerikanische MigrantInnen in New York schwierig dar. Sie gehörten zu den neuesten EinwanderInnen, hatten mit Sprachproblemen zu kämpfen und waren zudem rassistischen Diskriminierungen ausgesetzt. Dies führte dazu, dass sie die schwersten, unattraktivsten Arbeiten zugewiesen bekamen, die geringsten Löhne erhielten und in wirtschaftlichen Krisenzeiten die ersten waren, die ihre Arbeit verloren.

In den 20er Jahren waren die Gruppen der cubanischen und der puertoricanischen MigrantInnen noch etwa gleich groß, 1930 hatte sich dies bereits geändert. In diesem Jahr lebten knapp 100 000 spanischsprachige Personen in New York. Von ihnen waren über 40 Prozent (44 000) PuertoricanerInnen. Die zweitgrößte Gruppe bildeten SpanierInnen mit über 22 000 Personen, gefolgt von 18 000 Zentral- und SüdamerikanerInnen, etwas mehr als 7000 CubanerInnen und nicht ganz 3500 MexicanerInnen. Waren Chelsea und die Lower East Side Anfang des 20. Jahrhunderts weiterhin die wichtigsten Wohnviertel für spanischsprachige New YorkerInnen, so kam nun Brooklyn hinzu, wo sich um den Hafen herum viele PuertoricanerInnen niederließen. Zum wichtigsten Viertel der spanischsprachigen Community wurde aber ein Teil von East Harlem, der bald Spanish Harlem oder auf Spanisch einfach „el barrio“ genannt wurde.
In dem Stadtteil entstand ein eigenes Milieu, das für die spanischsprachige Bevölkerung und auch die neu ankommenden MigrantInnen ausgesprochen wichtig war. Hier gab es nicht nur bezahlbare Wohnungen, sondern auch Geschäfte, in denen Produkte aus den Herkunftsländern verkauft wurden und die Ladenbesitzer spanisch sprachen. Es entstanden Theater, Kinos, Restaurants etc., die alle auf die Bedürfnisse der BewohnerInnen Spanish Harlems eingingen. Zudem war auf der Straße Spanisch bald die wichtigste Sprache. So wurde Spanish Harlem für die lateinamerikanischen MigrantInnen zu einem Ort, der die Bedeutung von Heimat in der fremden, häufig feindlichen Umgebung annahm. Obwohl nach dem Zweiten Weltkrieg die größten Konzentrationen von lateinamerikanischen MigrantInnen in anderen Teilen der Stadt liegen, hat Spanish Harlem weiterhin eine große Bedeutung für Latinos und fungiert z.B. als Erinnerungsort für ihre Geschichte in New York. 1969 wurde hier mit dem „Museo del barrio“ das einzige Museum gegründet, das die puertoricanische Präsenz in der Stadt beleuchtet und das gleichzeitig Gemeinde- und Kulturzentrum ist.
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entstand mit Spanish Harlem nicht nur ein Stadtteil, der weitgehend von spanischsprachigen EinwohnerInnen geprägt war, vielmehr entwickelte sich ein Gemeinschaftsbewusstsein unter der lateinamerikanisch- und spanischstämmigen Bevölkerung in der Stadt. Dies hatte mehrere Ursachen. Zunächst waren sie alle Vorurteilen aufgrund ihrer Kultur ausgesetzt. Sowohl Spanien als auch Lateinamerika insgesamt wurde die Fähigkeit zur demokratischen Selbstregierung abgesprochen. Katholizismus und andere kulturelle Merkmale galten als Zeichen dafür. Für die MigrantInnen – besonders aus der Karibik – kam hinzu, dass sie rassistischer Diskriminierung ausgesetzt waren. Dies traf besonders für diejenigen mit dunkler Hautfarbe zu. Die an der Ostküste der USA ausgeprägte Unterscheidung zwischen Schwarzen und Weißen führte bei der Übertragung auf PuertoricanerInnen und CubanerInnen zu einer Teilung der Gruppen, die nicht dem Selbstbild entsprach. Sie beriefen sich stattdessen auf ihr spanisches Erbe und konstruierten auf dieser Grundlage eine Gemeinschaft der hispanos, in die alle lateinamerikanischen und spanischen MigrantInnen einbezogen waren. Ein solcher Zusammenschluss gab den einzelnen Gruppen innerhalb New Yorks mehr Gewicht und bündelte Ressourcen für kulturelle, soziale und politische Anliegen. So entstanden eine Reihe von Vereinen, die sich auf das gemeinsame spanische Erbe bezogen und deren Mitglieder aus verschiedenen Ländern stammten. In den 20er Jahren gab es in Brooklyn und Manhattan 43 Vereine und Assoziationen, die sich in ihrem Namen als hispano bezeichneten. Andere Vereine signalisierten mit ihrem Namen sowohl den Bezug auf hispanos als auch auf eine bestimmte nationale Gruppe. Dies tat z.B. die Liga Puertorriqueña e Hispana, die 1926 als Reaktion auf gewaltsamen Auseinandersetzungen in Harlem entstand. Sie setzte sich zum Ziel, alle hispanos unabhängig von ihrer nationalen Herkunft in dem Verein zusammenzubringen und deren Rechte zu verteidigen sowie ihre kulturellen und sozialen Interessen in der Stadt zu vertreten.

Seit 1945 stieg der Anteil der PuertoricanerInnen an der lateinamerikanischstämmigen Bevölkerung in New York stark an. Die Reise von San Juan nach New York wurde mit der Einrichtung der ersten festen Fluglinie noch einfacher. Die Stadt stellte weiterhin das wichtigste Ziel für PuertoricanerInnen dar, die auf das Festland wanderten. Hatten 1940 etwas mehr als 60 000 PuertoricanerInnen dort gelebt, so waren es zehn Jahre später schon fast 250 000 und 1960 zählte der Zensus über 600 000 New YorkerInnen puertoricanischer Abstammung. Während PuertoricanerInnen 1910 nur ein Prozent der Stadtbevölkerung ausmachten, umfassten sie 1970 ca. zehn Prozent der Einwohnerschaft. Seit den 50er Jahren stieg die Bronx zum wichtigsten Stadtteil für PuertoricanerInnen auf.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten die USA im Zeichen des Kalten Krieges Puerto Rico zu einem Musterbeispiel für eine gelungene Entwicklung unter kapitalistischen Vorzeichen machen. Da aber die ökonomischen Erfolge ausblieben und eben nicht die gesamte Bevölkerung ein Auskommen auf der Insel fand, sahen sowohl die US-amerikanische als auch die puertoricanische Regierung die Abwanderung von der Insel als ein Sicherheitsventil (Operation Bootstrap). Das puertoricanische Arbeitsministerium richtete 1948 in New York eine „Migration Division“ ein, die Neuankömmlingen bei der Arbeitssuche und anderen Problemen helfen sollte. Sie versuchte außerdem, das Ansehen der Puertoricaner in der Öffentlichkeit zu verbessern.
Die wachsende Zahl puertoricanischer MigrantInnen und die Lebensbedingungen in Spanish Harlem, das zu einem Slum geworden war, führte zu einem typisch fremdenfeindlichen Diskurs. In den Medien war die Rede von einer angeblichen Flut von PuertoricanerInnen, die in die Stadt kämen, um Sozialhilfe zu beantragen, die Krankheiten mitbrächten und im Übrigen verantwortlich für die Entstehung von Slums seien. Darüber hinaus wurde häufig behauptet, dass sich viele illegale lateinamerikanische EinwanderInnen als PuertoricanerInnen ausgeben würden. Dieser Diskurs, gegen den sich die PuertoricanerInnen wehrten, führte neben ihrem gewachsenen numerischen Gewicht gegenüber den restlichen spanischsprachigen Gruppen schließlich zur Auflösung des Zusammenhalts unter den hispanos. PuertoricanerInnen versuchten auf unterschiedliche Weise, der Stigmatisierung entgegen zu treten. Sie beriefen sich einerseits auf ihre US-Staatsbürgerschaft und versuchten andererseits, dem negativen Bild ihre Verdienste für die städtische Gesellschaft entgegen zu halten. Dies gipfelte in der Etablierung der „Puerto Rican Day Parade“, deren Ursprung in dem 1956 erstmalig stattfindenden „desfile hispano“ lag. Dieser Umzug war von den hispanos mit dem Ziel etabliert worden, ähnlich wie die irische, polnische und italienische Stadtbevölkerung eine Parade auf der Fifth Avenue – der repräsentativsten Straße der Stadt – abzuhalten, um den übrigen EinwohnerInnen die Bedeutung der hispanischen Community vor Augen zu führen. Bereits ein Jahr später entspann sich jedoch ein Streit zwischen PuertoricanerInnen, die auf der Parade die Bedeutung der PuertoricanerInnen hervorheben wollten, und denjenigen, die am „desfile hispano“ als einer gemeinsamen Veranstaltung aller spanischsprachigen New YorkerInnen festhalten wollten. Die nationalistisch eingestellten PuertoricanerInnen konnten sich jedoch langfristig durchsetzen. Nachdem einige Jahre lang zwei Umzüge abgehalten wurden, findet seit 1962 nur noch die „Puerto Rican Day Parade“ statt. In den folgenden Jahrzehnten ging der Zusammenhalt unter lateinamerikanischen MigrantInnen allerdings nicht vollständig verloren. So arbeiteten z.B. eine Reihe von puertoricanischen und dominikanischen Vereinen in ihrem Einsatz für soziale und politische Rechte zusammen.

Neuerdings scheint sich jedoch ein Bewusstsein einer übergreifenden Latinoidentität wieder stärker auszubilden. So ergibt z.B. eine Auswertung des neuesten Zensus aus dem Jahr 2000, dass inzwischen 27 Prozent der EinwohnerInnen New Yorks lateinamerikanischer Herkunft sind. Trotz der Tatsache, dass die Ergebnisse verzerrt sind – zum einen durch die Fragestellung, die nur die Kategorien MexicanerInnen, PuertoricanerInnen, CubanerInnen und „Andere Hispanics“ anbot, zum anderen dadurch, dass Illegalisierte nicht erfasst wurden – zeigt der Zensus doch einen Trend auf: PuertoricanerInnen bilden zwar mit 36, 5 Prozent immer noch die stärkste Gruppe, aber die DominikanerInnen haben in New York aufgeholt.* Beide Gruppen zusammen stellen mit 57 Prozent nur noch knapp die Mehrheit der New Yorker Latinos. Da nicht mehr eine einzige Gruppe die lateinamerikanischstämmige Bevölkerung New Yorks dominiert und auch aufgrund der zunehmenden Aufenthaltsdauer über mehrere Generationen hinweg scheint sich erneut eine übergreifende kollektive Latinoidentität herauszubilden.