„Pedro träumt vom großen Spiel“ von dem brasilianischen Jugendbuchautor Ricardo Azevedo ist ein liebevoll illustriertes und editiertes Buch, das alles hat, um kleine Fußballfans zu begeistern. Wie ein gutes Fußballspiel ist es eine spannende Geschichte voller Höhen und Tiefen, mit vielen unerwarteten Wendungen, aber stringent und linear erzählt. Der sympathische Held, der bitterarme, fußballverrückte Pedro, der zwar nichts von Mathematik versteht und wegen seiner Faxen dauernd zum Direktor muss, dessen Fantasie aber alle Grenzen sprengt, erlebt in den wenigen Tagen, in denen wir ihn im Buch begleiten, die ganze Bandbreite der Gefühle von abgrundtiefer Verzweiflung bis zu jubilierender Freude, eben wie in einem Fußballspiel. Er denkt sich die verrücktesten Geschichten aus, die er voller Überzeugung erzählt und mit denen er oft tatsächlich durchkommt und manchmal sogar Anerkennung erntet, auch von Camila, seinem heimlichen Schwarm. Würde man Pedro fragen, ist der Höhepunkt des Buches das Spiel seines Clubs, den Corinthians aus São Paulo, gegen die argentinischen Bocas, das er im Fernsehen sieht. Vielleicht aber auch sein Plan, mit drei Papageien (die er sich mal so eben im Zoo besorgen möchte) die Hymne der Corinthians einzuüben und damit in der Rua Barão de Itapetininga sehr viel Geld zu verdienen. Der schwärzeste Tag ist, als seine braune Lockenpracht wegen Läusen radikal abgeschnitten werden muss – „das beste Stück seines Körpers, ja seiner ganzen Person“. In der Schule hat Pedro natürlich eine gute Geschichte parat, warum seine Locken ab mussten: „Wenn die Gefahr besteht, dass man durch einen Schlag auf den Kopf verrückt wird, müssen die Haare ab“, das weiß doch jeder. Mit Fantasie und viel Glauben an sich selbst kann eben auch eine scheinbar chancenlose Mannschaft manchmal gewinnen.
Das kleine Büchlein Bola und der Torhüter des sehr erfolgreichen brasilianischen Schriftstellers Jorge Amado (gest. 2001 in Bahia) ist die Geschichte des Fußballs „Bola Fura-Redes“ und des Torhüters Bilo-Bilo. „Bola Netzbrecherin“ ist die beste Frau, das As unter den brasilianischen Fußbällen, sie schießt nicht nur die meisten, sondern auch die schönsten Tore. Und Bilo-Bilo ist ein grottenschlechter, stümperhafter und ungeschickter Torhüter, der nicht umsonst auch Blümchensucher oder Fliegenfänger genannt wird. Nun verliebt sich aber Bola in Bilo-Bilo und das ändert alles, denn Bola will nur noch in Bilo-Bilos Armen liegen und Bilo-Bilo hält plötzlich jeden Schuss. Im Nachwort heißt es, „in Brasilien haben sich Menschen und Kulturen aus vielen Erdteilen vermischt. Vielen gemeinsam sind die portugiesische Sprache und der Fußball.“ Man erfährt, wie der Fußball nach Brasilien kam (vor circa 100 Jahren durch Charles Miller) und was das Besondere am brasilianischen Fußball ist: Er ist schöner, akrobatischer, tänzerischer, ballverliebter als anderswo. Und es ist mehr als ein Spiel, es geht immer um Gefühle. Und um die geht es in der Geschichte von Bola ja auch. Ob die Geschichte auch Kindern gefällt, ist schwer zu sagen. Meine siebenjährige Testperson war nicht besonders beeindruckt.
Fußball in Brasilien ohne Pelé, für viele der größte Fußballspieler aller Zeiten (der sich schon 1977 vom aktiven Sport zurückzog!), das läuft auch 2015 nicht. Pelezinho, der kleine Pelé, ist eine Comicserie von Brasiliens bekanntestem und erfolgreichsten Comiczeichner Mauricio de Sousa über die Kindheit Pelés. Es sind lauter kurze Episoden, die wohl eher dafür gedacht sind, in homöopathischen Dosen gelesen zu werden und nicht am Stück hintereinander, denn so sind sie eher für eingefleischte Comicfans geeignet. Pelezinho und seine Mannschaft spielen immerzu Fußball und sie treffen dabei auf unverständige Mütter, weibliche Fans, Bankräuber, Roboter, fiese Geschäftemacher, neidische Fußballrivalen, aber Pelezinho und seine Freunde (und sein Hund Rex) gewinnen immer, meist indem Pelezinho alle in Grund und Boden schießt. Also Dribbel, Hau, Schieß, Bumm, Krankenhaus. Es gibt auch nette Randfiguren wie das Mädchen Samira, das ständig ihre Fleischbällchen vorbeibringt, die sich vorzüglich als Wurfgeschosse gegen Bösewichte eignen, aber deren Verzehr fast zu Niederlagen beim Fußball führt. Die Originalausgabe erschien schon 1977 in Rio de Janeiro und wurde im Jahr 2013 zur Fußballweltmeisterschaft 2014 neu aufgelegt.
Das Bilderbuch „Bené, schneller als das schnellste Huhn“, gezeichnet und geschrieben von der brasilianischen Grafikerin Eymard Toledo, die seit 20 Jahren in Deutschland lebt (und zwei fußballbegeisterte Söhne hat), ist ein echter Schatz mit Potenzial zum Lieblingsbuch. Benedito da Silva, genannt Bené, erzählt von seinem Leben. Man sieht, wie er Fußball spielt („Ich bin die Nr. 10“), Fußbälle näht (denn davon lebt seine Familie), wie er die neuen Bälle mit seinem Affen Gibi testet, wie Bené sogar mit Flip-Flops Fußball spielen kann, wie er das schnellste Huhn fängt, Bené mit seinen Fußballfreunden, mit seinem Vater (beim Fußballfernsehen), beim Angeln, beim Essen mit seiner Familie und zum Schluss in seiner Hängematte (rede, sprich „hedschi“, auch das lernt man hier) beim Einschlafen. Ruhige, liebevoll gestaltete Bilder mit farbigen Flächen aus vielfältigen Materialien (Papierreste, Bast, Plastik, Tapete, Fäden) laden ein zum immer wieder Anschauen. Ubá im Bundesstaat Minas Gerais in Brasilien, wo die Geschichte spielt, gerät so unaufdringlich in die Bilderwelt im Kopf, die braune ungeteerte Straße, das rosa Haus, die Wiese, das Schlafzimmer mit dem Lehmboden. Die Sätze sind einfach und gut zum Vorlesen und später „Mit“-lesen der Kinder. Ein fußballrundum gelungenes Buch für die Kleinsten aus dem renommierten Baobab-Verlag.