Das Berlin-Bonner Musikkollektiv Lucha Amada wird im kommenden Juni seinen 15. Geburtstag begehen. Wir sagen jetzt schon mal: Chapeau! Denn eineinhalb Jahrzehnte lang mit viel Herzblut Gigs zu organisieren und Musik aufzulegen, sich dabei einem bestimmten Sound mit Hingabe verpflichtet zu fühlen und trotzdem weiterzuentwickeln, das bedarf schon einiges an Hartnäckigkeit und vor allem Begeisterungsfähigkeit; die Liebe zum Sound macht’s möglich – und zum politischen Anliegen, schließlich geht es um Party und Musikmachen mit Message.
Im letzten Dezember ist der zweite Benefiz-Sampler von Lucha Amada bei dem Bremer Label Jump Up Records erschienen. Eine Doppel-CD im Buchformat mit 38 Tracks aus dem bewährten Soundspektrum des Kollektivs, überwiegend Reggae und Ska, aber auch Hiphop, Cumbia, Dub und Punk samt Booklet, in dem ein Text des Journalisten Bernhard Schmid über den Rechtsruck in Europa informiert. Sämtliche Erlöse des Samplers gehen übrigens an antifaschistische und antirassistische Initiativen wie NSU Watch NRW oder die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh.
Auf dem Sampler treffen wir auf altbekannte Lucha Amada Allstars wie Massilia Sound System aus Marseille mit einem rockigen Raggamuffin mit dem gewohnten Akkordeon, die neapolitanischen 99 Posse mit der Neuinterpretation eines alten Hits, Desechos aus Madrid, Panteón Rococó aus D.F. mit dem fetten Ska-Fusion-Fetzer Nunca Fue, den baskischen Großmeister Fermin Muguruza, die ebenfalls aus Marseille stammenden Watcha Clan oder Salsamuffin-Legende Sergent Garcia (mit dem schon etwas älteren Una y otra vez).
Weitere hochkarätige Acts sind die chilenische Rapperin Ana Tijoux, hier mit ihrem Stück Somos Sur, auf dem sie mit der britisch-palästinensischen Musikerin Shadia Mansour Brücken schlägt; das Brüder-Duo Raggabund mit dem pointierten und engagierten Reggaetrack Refugee oder der neue mexikanische Reggaeheld Lengualerta mit dem schnellen Dub-Reggae No border/alarma. HK & Les Saltimbanks aus Lille, die sich selbst als die kleinen Geschwister von Zebda bezeichnen, dürfen endlich mal auf einem deutschen Sampler ihren Demohit On lâche rien zum Besten geben.
Auch Geheimtipps oder bisher Unveröffentlichtes können entdeckt werden. Aufhorchen lässt etwa der Kumbiatón-Track Guerilleras madriz von Tremenda Jauria, einer frischen Band aus der Madrider Hausbesetzerszene. Direkt im Anschluss ertönen Bouzouki-Klänge und griechischer Rap von Killah P. Der tragische Hintergrund: Der antifaschistische Rapper Pavlos Fyssas wurde 2013 von einem Mitglied der neofaschistischen griechischen Partei „Goldene Morgenröte“ ermordet. „Kapitalismo, euer Ende ist gekommen“ auf Baskisch gesungen klingt einfach astrein: Der treibende Track Kapitalismo von Bad Sound System aus Irún lädt unweigerlich zum Tanz auf dem Vulkan, besser: zum untergehenden Kapitalismus ein! Schöne Ska-Hymnen beschließen die erste CD, etwa Botella de ron von Vendetta aus Navarra oder Buenaventura von Zompa Family aus Perpignan, die sich damit vor dem großen Anarchisten Durruti verneigen.
Auch auf der zweiten CD gibt es einige Entdeckungen, etwa Aspencat aus Valencia mit einem Reggae-Dubstep, dessen Bässe gut reingehen, oder der DJ und Producer MiKKim aus Prag (!), dessen schnelle Techno-Cumbia die Waden zucken lässt. Puel Kona sind aus dem südargentinischen Neuquén und lassen in ihrem Waj Mapu libre das für die Mapuche typische Rinderhorn ertönen.
Fehlen darf natürlich nicht die neueste Lieblingsformation eines der Lucha Amada-Macher: La Raíz aus Valencia. In dem mitreißenden Parece mentira klagen vier Sänger Sozialabbau und heuchlerische Politik an. Diese Band wird übrigens auch beim Lucha Amada-Jubiläum im Juni 2016 auftreten. Na, dann mal hoch die Tassen!
Lucha Amada II – ama la música, odia el fascismo, Bestellungen: http://www.jumpup.de, 15,- Euro, zzgl. Versandkosten
http://luchaamada.blogsport.de/. Hier stehen auch Kurzinfos zu den Acts, die man im Booklet leider vergeblich gesucht hat …