Was stand am Anfang deines Filmes? War es diese wunderbare Frauenfigur, das Raumschiff, das quasi auf Cuba landet, oder eine der vielen charmanten Episoden deines Films, die dich inspiriert haben?

Tatsächlich war es der Wunsch, einen Sciencefiction-Film und damit einen Genrefilm zu machen. Genrefilme haben mir immer gefallen. Das wollte ich mit der Sehnsucht verbinden, die man als cubanischer Filmemacher und als jemand, der auf Cuba lebt, einfach hat. Auswanderung ist eines der zentralen Themen unserer Gesellschaft. Das ist etwas, das in einem drinsteckt als Cubaner. Du kennst es aus dem alltäglichen Leben: Freunde, die fortgehen, Nachbarn, die versuchen, aus Cuba wegzukommen, die jungen Leute, deren einziges Ziel ist, das Land zu verlassen. Das ist omnipräsent im Land. Natürlich kenne ich viele der anderen Filme zu dem Thema, aber in meinem Fall war vor allem das Leben meine Inspiration.

Ich habe darüber auch schon Kurzfilme gemacht; aber dieses Mal wollte ich ihm eine etwas absurdere Wendung geben und sie ins Extrem treiben, eben nicht einfach nur in ein anderes Land, sondern auf einen anderen Planeten auszuwandern. Vor allem auch deshalb, weil Auswandern in Cuba stets bedeutet, dass es für immer ist. Die Reflexion darüber, was dich erwartet, wenn du dich für immer für ein anderes Leben entscheidest, und welche Erinnerungen, Freundschaften, welches Leben du zurücklässt, das wollte ich mit der Figur der Celeste zeigen. Dabei hat mich vor allem die persönliche Situation der Figur interessiert.

Wie bist du zum Filmemachen gekommen?

Das war wie eine Berufung. Schon als Kind liebte ich Filme und das Kino und ich wusste: Das will ich auch machen. Aber da war ich noch sehr klein.

Du hast dann in San Antonio de los Baños studiert, eine der renommiertesten Filmhochschulen in Lateinamerika. Wie war das?

Die Ausbildung dort ist sehr praxisorientiert. Statt Theorie zu büffeln wurde von uns Praxis verlangt. Uns wurde ein reger Austausch mit den USA ermöglicht und es kamen viele Professoren aus Hollywood, Cuba und ganz Lateinamerika. Das war eine sehr gute und sehr vielfältige Ausbildung.

Bleiben die Filmemacher*innen nach ihrem Studium auf Cuba und machen dort Filme oder geht es darum, so schnell wie möglich an internationalen Projekten zu arbeiten und eben auszuwandern?

Mein Ziel war immer, im Ausland Filme zu machen. Ich habe ein paar Monate in Frankreich gelebt, aber zu dem Zeitpunkt war es dort sehr kalt, sodass ich gerne zurückgegangen bin! Ich besuchte dann auf Cuba einen Workshop mit Gabriel García Márquez, das war großartig. Das Drehbuch, das ich dort schrieb, hat Preise gewonnen und wurde vom Instituto Cubano del Arte e Industria Cinematográficos (ICAIC) angenommen. Und so begann ich, doch auf Cuba Filme zu machen, in verschiedenen Projekten zu arbeiten und mir einen Namen zu machen. Ich habe viele Freunde, die nach Europa, viele, die nach Spanien gegangen sind, dort aber letztendlich nie Filme gemacht haben, weil sie Geld verdienen und für ihren Lebensunterhalt arbeiten mussten. Von daher habe ich großes Glück gehabt. Ich mache das, was mir Spaß macht und meine Leidenschaft ist.

In „Celeste“ erzählst du eine wunderschöne Geschichte mit einem Ende, das wir an dieser Stelle natürlich nicht verraten wollen. War das so von Anfang an geplant oder gab es auch andere Ideen, die Geschichte zu beschließen?

Immer wenn man ein Drehbuch schreibt, spielt man mit den Möglichkeiten einer Geschichte. Schließlich habe ich mich für dieses Ende entschieden, weil mir die erste Fassung zu traurig, zu hart erschien. Deshalb habe ich das Drehbuch wieder und wieder umgeschrieben. Was mich besonders interessiert hat, war die Struktur einer Reise, auf der man Menschen kennenlernt, sich mit ihnen unterhält und austauscht. Das war viel spannender als mich allein auf Celeste zu fokussieren. Eine solche Reise eröffnet Möglichkeiten, auf Menschen zu treffen, die man sonst nicht kennengelernt hätte. Das alles natürlich in einer etwas seltsamen Situation: indem man auf ein Raumschiff wartet.

María Isabel Díaz Lago spielt Celeste auf eine ganz berührende Art und Weise. Wie bist du auf sie aufmerksam geworden?

Sie ist sehr bekannt auf Cuba. Ich habe sie das erste Mal in einem Film entdeckt, als ich noch ein Kind war: „Una novia para David“, ein unterhaltsamer Film und auf Cuba sehr bekannt. Deshalb erkennt jede*r cubanische Zuschauer*in sie mit einer liebevollen Erinnerung an diesen, ihren ersten Film. In den 90er-Jahren hat sie zudem eine Weile in Spanien gelebt und dort Filme gedreht, auch mit Pedro Almodóvar, und hatte eine kleine Rolle in „Volver“. Gerade hat sie mit dem Dreh einer Serie viel zu tun, aber ich habe sie gefragt und sie hatte große Lust, nach Cuba zurückzukommen und den Film zu machen. Isabel hat die Gabe, einerseits komisch zu sein, andererseits aber auch eine melancholische, traurige Seite zu zeigen. Deshalb bin ich sehr stolz darauf, dass ich mit ihr zusammenarbeiten durfte. Von ihr hängt der ganze Film ab.

Arturo Infante hat an der „Escuela Internacional de Cine y TV“ Drehbuch studiert. Er ist Autor von Kurz- und Langfilmen, TV- und Kinoprojekten, darunter „Das verborgene Gesicht“ (2011) von Andrés Baiz und hat selbst mehrere Kurzfilme gedreht. „El viaje extraordinario de Celeste García“ ist sein erster Spielfilm.