Im Oktober 2004 erschien im Verlag „Assoziation A“ das vom Dachverband der Kritischen Aktionäre, dem Labournet Germany und der ila herausgegebene Buch „Daimler-Benz und die Argentinien-Connection – Von Rattenlinien und Nazigeldern“ von Gaby Weber. Obwohl die Autorin hochinteressante Fakten über die Beziehungen des Stuttgarter Konzerns zur Regierung Perón recherchiert hatte, bei denen es um groß angelegte Geldwäsche und die Flucht von NS-Kriegsverbrechern ging, war die Resonanz in den deutschen Medien minimal, nur die Frankfurter Rundschau veröffentlichte eine Rezension. Ganz anders in Argentinien. Dort erschien die spanische Auflage des Buches im März. Das Interesse der Medien ist enorm. Bereits nach zwei Wochen war die erste Auflage – 4000 Exemplare – vergriffen. Das Buch rückte auf Platz sieben der Sachbuch-Bestsellerliste vor. Der Verlag, der spanische Edhasa, druckt inzwischen nach.
Am 31. März stellte die deutsche Journalistin Gaby Weber in der Buchhandlung Cúspide in Buenos Aires „La Conexión Alemana“ vor. Es herrschte großer Andrang. Unter den zahlreichen BesucherInnen waren auch Familienangehörige der während der Militärdiktatur „verschwundenen“ Arbeiter von Mercedes Benz Argentina und Kollegen, die damals bei dem deutschen Autobauer in Argentinien beschäftigt waren. Gegenüber dem in Deutschland im vergangenen Oktober erschienenen Buch „Von Rattenlinien und Nazigeldern – Daimler Benz und die Argentinien-Connection“ wurde die spanische Ausgabe um neue Recherchen erweitert.
Eines der dazu gekommenen Kapitel widmet sich den „Babies aus den Folterkammern“. Während der Militärdiktatur von General Jorge Videla wurden 500 Babies, die in den geheimen Folterzentren zur Welt kamen, den Militärs übergeben, schätzen die „Großmütter von der Plaza de Mayo“. Es ist wohl kein Zufall, dass in der Familie des Ex-Produktionschefs von Mercedes-Benz, Juan Ronaldo Tasselkraut, gleich drei illegal „adoptierte“ Söhne auftauchen. Die Hebammen, die die getürkten Geburtsurkunden unterschrieben haben, tauchen auch in anderen Fällen von Babies „verschwundener“ Frauen auf, eine der Hebammen war während der Diktatur in der Armeekaserne Campo de Mayo tätig, jenem Militärhospital, dem Mercedes-Benz die Brutkästen gespendet hat.
Ebenfalls ergänzt wurde ein Abschnitt über die Beziehungen von Daimler-Benz zu britischen Regierungs- und Wirtschaftskreisen. Im Dezember 2004 hat Gaby Weber dazu im US-Nationalarchiv in Washington umfangreiches Material recherchiert. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob Daimler-Benz, das schon vor 1933 auf die Karte Adolf Hitler gesetzt hatte, von Anfang an ein doppeltes Spiel betrieb. Erwartungsgemäß setzte Hitler die Versailler Verträge außer Kraft und Daimler konnte mit der Herstellung von Rüstungsgütern wieder satte Gewinne einfahren. Weber zitiert aus der Vernehmung des Daimler-Chefs Wilhelm Haspel, der zugab, im Juli 1939 in Vorbereitung auf den Krieg, der sechs Wochen später tatsächlich ausbrechen würde, geschäftlich in London gewesen zu sein. Hat Haspel Verträge mit „der anderen Seite“ abgeschlossen? Es wäre logisch, Waffenhändler beliefern immer beide Seiten, um ihre Gewinne zu maximieren und am Ende sicher auf der Siegerseite zu stehen. Ob dabei fünfzig Millionen Menschen ihr Leben auf den Schlachtfeldern lassen, ist unerheblich.
Abgedruckt in der spanischen Ausgabe ist auch die Auswertung des US-Strategic Bombing Survey, wonach die Luftangriffe der Royal Air Force (RAF) trotz massiven Bombeneinsatzes nur geringe Schäden in den Daimlerwerken anrichtete. Merkwürdigerweise. Darüber wunderte sich die US-Air Force derart, dass sie schließlich selbst losflog und mit geringerem Bombeneinsatz die Produktion in der Waffenschmiede in Stuttgart für sechs Wochen stilllegte. Das war das einzige und das letzte Mal und es lässt den dringenden Schluss zu, dass die US-Air Force zurückgepfiffen wurde. Von wem? Von den Engländern, die bei Daimler im Wort standen?
Darauf weist auch die Tatsache hin, dass die britische Botschaft in Bern bei den US-Behörden intervenierte, als diese im Rahmen der Operation Safehaven in der Schweiz nach Guthaben deutscher Firmen fahndeten. Auch dieses „Top Secret“-Memorandum ist in der Conexión Alemana abgedruckt. Die Operation Safehaven wurde 1947 eingestellt, als sich der Kalte Krieg abzeichnete und Westdeutschland zum Bollwerk gegen den Kommunismus aufgebaut werden sollte. Und das Bollwerk musste irgendwie finanziert werden, nicht nur mit deutschem Fleiß, sondern eben auch mit dem während des Faschismus geraubten und versteckten Geld. Aber davon wollen die Deutschen, damals wie heute, nichts wissen und halten lieber am Mythos von der „deutschen Aufbauleistung aus eigener Kraft“ fest.
Das ist wohl auch der Grund, warum von dem Buch „Von Rattenlinien und Nazigeldern – Daimler-Benz und die Argentinien-Connection“ seit seinem Erscheinen gerade mal 700 Bücher verkauft wurden. Die deutschen Medien boykottieren das Buch weitgehend, während die argentinischen Zeitungen der Conexión Alemana Seiten widmen. Sogar die New York Times informierte in ihrem politischen Teil auf fast einer halben Zeitungsseite über Gaby Webers Recherchen und zitiert dazu auch eine Firmensprecherin: A very strange story.
Verschiedene Bersprechungen auf deutsch, spanisch und englisch. Libros recomendados del mes de Abril 2005, Tienen la Justicia a su favor, El otro lavado, La ruta del dinero nazi en la Argentina …
Weber, Gaby, Daimler-Benz und die Argentinien-Connection. Von Rattenlinien und Nazigeldern, 144 Seiten, 10,- Euro