Die Wiener Studentin Magdalena Heuwieser hält sich zur Zeit in Honduras auf, ursprünglich mit dem Ziel, Feldstudien über soziale Bewegungen zu betreiben. Durch den Putsch bekam dieses Vorhaben eine ganz neue Dynamik, die sozialen Bewegungen erreichten im Widerstand gegen das Putschistenregime eine Mobilisierungskraft, die niemand – am allerwenigsten sie selber – vorher für möglich gehalten hätte. Magdalena Heuwieser schreibt dazu: „Durch Zufall bekam ich somit die einmalige Gelegenheit, die Ereignisse im Land aus eigener Sicht mitzuerleben. Fast jeden Tag kann ich Straßenblockaden, Demonstrationen, Autokorsos, Versammlungen und natürlich den Gesprächen und Meinungsäußerungen der Menschen hier beiwohnen.“ Sie hat uns für diese ila-Ausgabe einige Fotos und Stimmungsbilder der Mobilisierungen geschickt. Wer mehr wissen will, kann im Netz ihren sehr lesenswerten Blog http://hondurasblog.wordpress.com/ besuchen.
Die Drahtzieher des Militärputsches in Honduras hatten mit einer passiven und indifferenten Bevölkerung gerechnet; mit einer Bevölkerung, die sich schon längst abgefunden hat mit der herrschenden Korruption und der scheinbar aussichtslosen Situation der großen Armut, der Kriminalität und der patriarchalischen Struktur; mit einer Bevölkerung, die keinerlei Interesse daran zeigt, welcher Präsident an der Macht ist, und die nicht weiß, wie sie sich organisieren und wehren kann gegen Umstürzler und deren Willkür.
Micheletti und die anderen Drahtzieher des Putsches hatten allen Grund zu dieser Annahme. Schließlich war der letzte große Aufstand 1954 gewesen, als die ArbeiterInnen der Bananenplantagen für ihre Rechte streikten. Und der vorletzte Widerstandsakt war der des Nationalhelden Lempira im Jahre 1537 gewesen.
Während alle anderen Länder um Honduras herum sich im Laufe der Geschichte gegen den Imperialismus auflehnten, blieb Honduras stets stumm und ließ Diktatur und Unterdrückung über sich ergehen. Sehen wir die aktuelle Situation des Widerstands in Honduras im historischen Kontext, ist es umso erstaunlicher, dass sich so schnell eine derart starke Widerstandsbewegung entwickeln konnte, die sich auch nach zwei Monaten Repression und Medienterror noch nicht einschüchtern hat lassen, zwei Monate mit täglichen Streiks, Straßenblockaden, Demonstrationen, Märschen, Autokarawanen und anderen Aktionen des Widerstands, zwei Monate Crashkurs für die sozialen Bewegungen, zwei Monate, die das Erwachen verschiedener Gruppierungen der Bevölkerung und die Vereinigung sozialer, politischer und gewerkschaftlicher Akteure zu einer gemeinsamen starken Widerstandsfront bewirkten.