Völker, eßt mehr Bananen,
denn Bananen sind gesund!
Man nimmt sie aus der Schale
und steckt sie in den Mund.
(Volxsweise, nach der Melodie der Internationalen)
Sie sind gar nicht mehr zu zählen, die vielen Witze über die Banane, die der sogenannte Volksmund, aber auch die sogenannte Szene sich vor oder nach dem Verzehr derselbigen zu erzählen wissen. Hochkonjunktur dafür war die Zeit kurz vor und nach dem Fall der Berliner Mauer, als die Schalenfrucht zum Symbol des „freien Westens“ gekürt wurde. Völlig zu recht. Denn in ihr bündelt sich so ziemlich alles, was die herrschende Weltordnung an der Herrschaft hält und für zwei Drittel der Menschheit unerträglich macht: Der großflächige Anbau zerstört unersetzliche Ökosysteme und verdrängt Kleinbauern; Millionen Kilogramm von Chemikalien vergiften den Boden, das Wasser und die BananenarbeiterInnen; die Plantagen sind exterritoriale Gebiete, auf denen weder Menschen- noch Gewerkschaftsrechte gelten; Profiteure des Anbaus und vor allem des Handels mit der Frucht sind fast ausschließlich Großunternehmen des Nordens; der Bogen endet bei den bewußtlosen VerbraucherInnen, die durch die Tatsache, daß Bananen billiger als einheimisches Obst sind, weniger zum Nachdenken als zum Kaufen stimuliert werden. Um so erstaunlicher, daß es den Dritte-Welt-Gruppen in der BRD — anders als in der Schweiz — bisher nicht gelungen ist, ja über Spezialistenkreise hinaus nicht einmal versucht wurde, eine politische Aufklärungskampagne an der Banane aufzuhängen. Auch wir von der ila machen da keine Ausnahme. Bei den Vorbereitungen zu diesem Heft ist uns aufgefallen, daß wir dieses Thema bisher kaum aufgegriffen hatten – und daß wir alle sehr wenig Bananen essen. Letzteres zum Glück, wie wir einem Artikel des Schweizers Al Imfeld entnahmen, den wir in der WOZ vom August 1992 fanden. Darin fragt Imfeld eine Kenianerin, warum auf ihren Märkten die supermarktübliche Banane nicht zu sehen ist: „Wir essen doch nicht die Zeichen der Sklaverei!“ Sie verwies auf die kleinen, festen Bananen, auf die grünen Kochbananen, auf die vielen Arten von Platains. Und sagte dann stolz: „Diese essen wir. Sie machen uns stark. Nicht die anderen. Wißt ihr Europäer denn nicht, daß das, was ein Mensch ißt, ihn formt? Krumme Bananen machen Menschen bucklig. Wir sind genug gekrümmt worden!“ – Also Vorsicht!
Ein anderer Recherche-Fund, der keinen Eingang ins Heft mehr finden konnte, bezieht sich auf eine mißlungene Antirassismus-Kampagne, die der Verband des Naturkosthandels mit einem Plakat starten wollte. Darauf ist vor schwarzem Hintergrund eine gelbe Banane abgebildet, unter der zu lesen ist: „Deutsche brauchen Exoten“. Wir teilen die Kritik des „Grünen Ladens“ Bonn, der die HerausgeberInnen fragt, wie sie ausgerechnet im Namen des Antirassismus darauf kommen, Menschen mit Exoten oder mit Früchten gleichzusetzen, bzw. den Süden wie gehabt in der Wahrnehmung darauf zu reduzieren, Lieferant exotischer Produkte zu sein.
Mit erwartungsvoller Zuversicht sehen wir einer anderen Kampagne entgegen: Das bundesrepublikanische Bananenbündnis, dem die AG Nica-Bananen, der BUKO, FIAN, German Watch und die Agraropposition angehören, beabsichtigt im kommenden Jahr eine gemeinsame Bananen-Kampagne zu starten. Erste Hinweise finden sich in diesem Heft, von dem wir hoffen, daß es dieser Aktion von Nutzen sein wird.
die Redaktion
PS. ila 162 ist nicht nur interessant wegen ihres besonderen Schwerpunkts (so hoffen wir wenigstens), sie wurde auch mit „modernster Technologie“ hergestellt. Rückblickend ist der historische Wandel beeindruckend: vom Festkleistern der Papiervorlagen mit wuchtigen Pinseln über das Aufkleben der Filmrollen mit zierlichen Klebetuben bis hin zum modernen Stand der Technik – dem Kleben am Computer. Das Umstellchaos war atemberaubend, beinahe faustisch. Dennoch, wir haben’s geschafft!