Junkies, FixerInnen, DealerInnen – das Vokabular hat sich durchgesetzt. Gemeint sind eigentlich KonsumentInnen, VerbraucherInnen und HändlerInnen. Aber der Handel mit und der Konsum von Drogen – also stimulierenden und Sucht erzeugenden Substanzen – ist illegal, zumindest teilweise. Zigaretten und Alkohol sind gesellschaftlich akzeptiert, Kokain und Heroin nicht. Was in den Konsumländern dieser Drogen gilt – und damit auch in Deutschland, hat bekanntermaßen seine Entsprechung in den Ländern des Südens, in denen die landwirtschaftlichen Rohprodukte angebaut werden: Tabak und Zuckerrohr sind legal, Coca und Schlafmohn nicht.
Eine stichhaltige Begründung für diese Trennung bleiben die BefürworterInnen der Kriminalisierung von Anbau, Handel und Konsum bestimmter Drogen nach wie vor schuldig. Gerne wird damit argumentiert, Heroin, Kokain sowie ähnliche Stoffe gefährdeten Leib und Seele und bedrohten vor allem Jugendliche. Aber nicht nur die: Wegen der Beschaffungskriminalität stellten Drogen für uns alle eine Gefahr dar. Lauert da nicht ein Fixer hinter dem Busch, der es auf unser sauer verdientes Geld abgesehen hat? Oder muss die Gesellschaft als solche nicht mit harter Hand gegen den afrikanischen Dealer vorgehen, der unser gutmütiges Asylrecht schamlos ausnutzt, um Reibach zu machen. In gewisser Weise ist die Kreativität schon bewundernswert, wofür Drogen alles herhalten müssen. Eine sinnvolle Argumentation kommt dabei noch lange nicht heraus.
Alle – legale wie illegale – Drogen bergen Gefahren in sich und der Umgang mit ihnen sollte wohlüberlegt sein. Darüber dürfte es keine Zweifel geben. Wir sind nicht die Ersten, wenn wir an dieser Stelle darauf verweisen, dass wesentlich mehr Menschen an Zigaretten und Alkohol sterben als an sogenannten harten Drogen und mit deren Bekämpfung in erster Linie Ordnungspolitik betrieben wird.
Schaut man in die Anbauländer, vor allem nach Kolumbien, das derzeit im Mittelpunkt von Drogenhandel und -bekämpfung steht, kann man sich allerdings gar nicht so sicher sein, dass mehr Menschen an Lungenkrebs und Leberzirrhose sterben denn an Kokain und Heroin. In lateinamerikanischen Metropolen gibt es zwar immer mehr KonsumentInnen, das bedrohlichere Drogenproblem besteht jedoch in der Militarisierung der Gesellschaft im Namen des „Krieges gegen Drogen“ und in den unzähligen Waffen, die unter anderem in den USA, Frankreich und Deutschland geordert und mit den Drogengeldern bezahlt werden.
Die Coca-Pflanze wird in einigen indigenen Kulturen Lateinamerikas als heilig verehrt. Ob sie das ist, können wir nur schwer beurteilen. Doch Wunder bewirkt sie schon, wie zum Beispiel das der Geldvermehrung. Zuckerrohrbäuerinnen und Tabakproduzenten träumen von den Gewinnspannen, die sich mit der Coca erwirtschaften lassen. Coca – und Schlafmohn – gehören zu den landwirtschaftlichen Exportprodukten, deren Anbau sich in Lateinamerika lohnt – zumal nicht nur die Rohstoffe im Süden angebaut, sondern auch weiterverarbeitet werden. Das Wunder hoher Preise bewirkt allerdings nicht die Pflanze selbst, sondern das internationale Anbauverbot und die Kriminalisierung des Konsums.
Der Großteil des Drogengeldes landet bei GroßgrundbesitzerInnen, bewaffneten Gruppen – Militärs, rechte Paramilitärs und „linke“ Guerillas –, korrupten Regierungsmitgliedern sowie bei HändlerInnen. Etwas bleibt zudem bei den Bäuerinnen und Bauern hängen, die die Rohprodukte anbauen. Hier liegt auch die Crux der Drogenbekämpfung durch Entwicklungshilfe, bei der die Landbevölkerung Kaffee statt Coca anbauen soll. Aber warum sollte sie es mit einem Produkt versuchen, mit dem sie als Branchenneulinge und KleinstunternehmerInnen sowieso keine Chance auf dem Weltmarkt haben.
In der europäischen Debatte wird die Forderung nach kontrollierter Legalisierung immer lauter. Eine Entkriminalisierung bei uns hätte positive Auswirkungen auf den Norden, aber auch auf den Süden. Vor nicht allzu langer Zeit redete allerdings Innenminister Schily, damals noch im Namen der SPD-Fraktion, vehement gegen eine Freigabe oder Legalisierung von Drogen. Seine heutigen ökoliberalen KoalitionsjuniorInnen prahlten dagegen noch in ihrem Wahlprogramm: „Die Möglichkeit der staatlich kontrollierten Abgabe harter Drogen und Ersatzstoffe durch ÄrztInnen an Abhängige ist längst überfällig.“ – Wie wahr! Doch warum sollte es bei Drogen anders sein als bei Atomkraftwerken.