Geld? – Was fällt euch spontan ein, wenn ihr jetzt diesen Begriff lest? 1 080 000 Suchergebnisse im Internet: „Geldanlagen, Geld macht Spaß, Ratgeber Geld, Geld ist schön, Geld und Banken, Geld und Glauben, Geld oder Liebe …“
In diesem Heft geht es auch um Geld. Keine Sorge, wir starten nicht eine großangelegte Bettelkampagne für die ila (die kommt erst zu Weihnachten…). Wir möchten in diesem Heft einer Fragestellung nachgehen, die sich in den letzten Jahren an sehr unterschiedlichen sozialen und geografischen Orten entwickelt hat: Kann aus dem individuellen oder gesellschaftlichen Umgang mit Geld Gerechtigkeit wachsen?
Diese Frage wird in vielen Nuancen und mit erkennbaren Widersprüchen diskutiert: Geht es darum, im Kleinen Erfolge zu erringen, oder ist das allemal illusionär, dient bestenfalls der Modernisierung eines ungerechten Wirtschaftssystems? Kann ein Schuldenerlass den Menschen in den arm gemachten Ländern des Südens (und des Ostens) wirtschaftliche Freiräume eröffnen, oder sind die Abhängigkeiten zu tief verankert, die Komplizenschaften der Herrschenden hier wie dort zu perfekt? Kann die finanzpolitische Seite der kapitalistischen Ökonomie gesondert kritisiert werden, oder entstehen daraus Verzerrungen, die geradewegs zum „jüdischen Spekulanten“, im schlimmsten Fall in den offenen Antisemitismus führen?
Können die Finanzmärkte demokratisch kontrolliert werden? Oder sind derartige Forderungen schon Ausdruck politischer Resignation, weil man sich gar keine solidarischen Wirtschaftsordnungen mehr vorstellen kann? Kann mein ganz persönlicher Umgang mit Geld gerechtere Strukturen fördern? Oder ist „ethische Geldanlage“ ein Begriff wie „hölzernes Eisen“? Sind am Ende gar diese Entgegensetzungen Irrwege, von denen wir uns verabschieden sollten? Muss gar, wie es einer unserer Artikel empfiehlt, „die langfristige Logik des Sozialen mit der kurzfristigen Logik des Wirtschaftlichen ausgesöhnt werden“? Brauchen wir dafür „neue Formeln, in denen die BürgerInnen-Unternehmen und das ethische Kapital wichtige, aber nicht ausreichende Komponenten sind“?
Ihr haltet also eine ila voller Fragen in den Händen, Fragen, die oft auch die AutorInnen nicht oder nicht so genau beantworten können.
Wir sehen dies durchaus als eine positive Entwicklung an. Die Zeiten, wo klare Fragen „eindeutige“ Antworten erfuhren – zumindest wenn man den jeweils Sprechenden oder Schreibenden folgte –, waren eben allzu sehr auch Zeiten, in denen viele Fragen nicht gestellt und viele Antworten nicht zugelassen wurden. Nach langen Phasen der Desorientierung und der Niederlagen, nach dem Scheitern von Entwicklungsmodellen und real existierendem Sozialismus, nach der Erfahrung, dass weder Parteien noch Volksfest-Friedensbewegungen Frieden, Gerechtigkeit und menschenwürdiges Leben durchsetzen konnten – nach all dem macht es uns Mut und Hoffnung, dass allenthalben und überall Menschen wieder Fragen nach einer anderen, besseren Gesellschaft stellen.
Denn, so meint es ein anderer unserer Autoren, „emanzipative Akteure sind nicht abstrakt und vorher bestimmbar, sondern schaffen sich in ihrem Kampf gegen herrschende Verhältnisse und Institutionen buchstäblich selbst“.
P.S. Teil II des Kosovokrieges hat nun in Mazedonien begonnen. Noch ist es dort eher „lustig“: Die UCK ist schließlich mit der NATO gut befreundet. Ein paar Waffen wird sie auch für die Kameras abgeben, sie hat ja genug und bekommt via Kosovo unbegrenzt neue. Wir als BeobachterInnen ahnen indessen, dass in der Region ganz andere Interessen als die offiziell zur Schau gestellten eine entscheidende Rolle spielen. „Unser“ Kanzler, „unsere“ Kriegsminister und „unsere“ Abgeordneten weigern sich hartnäckig, mit entsprechenden Informationen rauszukommen. Entweder lügen sie dabei offensichtlich oder sie schweigen lügend. Wir mutmaßen, dass es um geostrategische Interessen geht. Um die Kontrolle der Öl- und Gasvorkommen in der ehemaligen UdSSR vielleicht? Um eine neuerliche militärische Einkreisung Russlands? Oder um beides? Wenn das so wäre, steht zu befürchten, dass es in der Region bald um mehr Krieg gehen wird und nicht um mehr Frieden. Am Ende wird vielleicht ein existierender Staat zerbrochen und ein neuer entstanden sein. Der dürfte dann ein guter neuer NATO-Partner werden – Groß-Albanien? Aber darüber diskutiert natürlich niemand, bei den parlamentarischen Scheingefechten ging es um „mehr Geld für die Bundeswehr“ und von dem kleinen Trupp „kritischer“ SozialdemokratInnen und Grüner im Parlament, die sich ursprünglich gegen eine neuerliche NATO-Intervention ausgesprochen hatten, stimmten die meisten am Ende doch als brave nordatlantische BündnispartnerInnen.