Vor 100 Jahren, am 3. November 1903, wurde die Gründung der Republik Panama proklamiert. Bis zu diesem Datum war Panama eine Provinz Kolumbiens gewesen. Dass es dies nicht weiterhin blieb, erklärt sich aus dem Interesse der USA, dort an der schmalsten Stelle des zentralamerikanischen Isthmus einen Kanal zu bauen, der den Atlantik mit dem Pazifik verbindet. Um den Kanal dauerhaft unter ihrer Kontrolle zu haben, wollte die damalige US-Regierung ihn nicht auf dem Territorium des großen Kolumbien bauen. Stattdessen finanzierte sie eine Separatistenbewegung in der Provinz Panama. (Wer sich dabei an die Zerschlagung Jugoslawiens und die Unterstützung verschiedener Separatistengruppen durch europäische Staaten, namentlich die Bundesrepublik Deutschland, erinnert fühlt, liegt sicher nicht ganz falsch) Der Bürgerkrieg, der schließlich die Gründung Panamas zur Folge hatte, währte drei Jahre und forderte 100 000 Menschenleben.
Die neue Mini-Republik akzeptierte alle ihr gestellten Bedingungen, vor allem die Anerkennung einer Zone von je fünf Meilen Breite an beiden Ufern des Kanals, als Quasi-Protektorat der USA. In diesem 1474 Quadratkilometer großen Territorium galt bis 1979 US-amerikanisches Recht. Zeitweise waren bis zu 20 000 US-Soldaten stationiert. Das Südkommando der US-Streitkräfte hatte dort seinen Sitz, ebenso die berüchtigte „School of the Americas“, eine Ausbildungsstätte der US-Army für lateinamerikanische Offiziere, die von allen späteren Folterern und Diktaturschergen aus dem gesamten Kontinent durchlaufen wurde. Die Kanalzone durchschnitt die Republik Panama, erst 1962 wurde mit der Brücke „de las Americas“ über den Kanal eine Verbindung zwischen beiden Landesteilen errichtet. In der Kanalzone lebten neben den US-Soldaten und Beamten auch PanamaerInnen, darunter vergleichsweise viele Schwarze, Nachfahren der ArbeiterInnen, die man für den Bau des Kanals in der Karibik angeworben hatte.
In den sechziger Jahren entwickelte sich in Panama eine wachsende Opposition gegen den halbkolonialen Status des Landes. Zunächst waren es die StudentInnen, die auf die Straße gingen. Als eine Studentendemonstration im Januar 1964 in die Kanalzone eindrang und versuchte, dort die panamaische Flagge zu hissen, erschossen US-Truppen 21 DemonstrantInnen.
Der panamaischen Elite, den wenigen Großgrundbesitzerfamilien, war die StudentInnenbewegung, die den Status Quo mit den USA in Frage stellte, ebenfalls ein Dorn im Auge. Sie setzten ihrerseits die Armee gegen sie ein. 1968 kam es zu einem Militärputsch gegen den konservativen Präsidenten Arnulfo Arias. Der neue Militärmachthaber Omar Torrijos stellte sich an die Spitze der Unabhängigkeitsbewegung und erklärte die Erlangung der vollen Souveränität über den Kanal und die Kanalzone zum obersten Ziel seiner Politik. Gleichzeitig verschaffte er sich durch soziale Reformen eine breite soziale Basis. 1977 wurden die Torrijos-Carter-Verträge unterzeichnet, in denen die Übergabe des Kanals an Panama für den 1. Januar 2000 vereinbart wurde.
Omar Torrijos kam 1981 unter nie geklärten Umständen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. In den 80er Jahren wurde der General und langjährige CIA-Repräsentant Manuel Noriega zur dominierenden Gestalt in der Politik Panamas. Wie im Falle des argentinischen Diktators Galtieri, des irakischen Potentaten Saddam Hussein oder des saudischen Islamisten Osama Bin Laden hatten die USA auch im Falle Panamas kein glückliches Händchen in der Auswahl ihrer Verbündeten. Wegen seiner Tätigkeit für den US-Geheimdienst sah sich Noriega als unverwundbar und machte Panama zu einem Umschlagplatz für den internationalen Drogenhandel. Gleichzeitig unterdrückte er die Opposition und hatte nicht immer ein offenes Ohr für die Wünsche der USA. Getreu der alten Weisheit „Wenn Filialleiter selbstständig werden wollen, wird der Chef grob“ intervenierten US-Truppen am 19. Dezember 1989 in Panama und nahmen Noriega gefangen. Als „Kollateralschaden“ der Aktion kamen über tausend panamaische ZivilistInnen ums Leben.
Heute wird Panama von einer rechten Regierung unter Führung der Präsidentin Moscoso, Witwe des 1968 von Omar Torrijos gestürzten Arnulfo Arias, regiert. Das heißt, die alten Eliten haben wieder das Sagen. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn Martín Torrijos, Omars Sohn, im kommenden Jahr die Präsidentschaftswahlen gewinnen wird. Moscoso wie Torrijos stehen für ein neoliberales Programm und gute Beziehungen zu den USA, was auch die Unterstützung von deren Kriegskurs im benachbarten Kolumbien beinhaltet. Panama ist heute neben Honduras und Brasilien das Land in Lateinamerika mit den größten Einkommensunterschieden. Doch es regt sich Widerstand, in jüngster Zeit gegen die Privatisierung des öffentlichen Gesundheitswesens. Im September kam es zu den größten Demonstrationen seit Jahren. Bisher richten sie sich noch gegen einzelne Vorhaben der konservativen Regierung. Doch spätestens vom künftigen Präsidenten Martín Torrijos werden die PanamaerInnen einfordern, dass die Souveränität über den Kanal auch eine Verbesserung der Lebensverhältnisse für die Mehrheit der Bevölkerung mit sich bringt.