Bogotá ist die Hauptstadt eines Landes, das eine wichtige Rolle auf der politischen, ökonomischen, kulturellen und militärischen Landkarte des Kontinents einnimmt, aber wie über Kolumbien gibt es auch über Bogotá bei uns nicht viel Information. Verhältnismäßig wenige Deutsche oder sonstige EuropäerInnen reisen dorthin, viele machen sogar einen Umweg, um nicht in Bogotá landen zu müssen. Sie haben Angst. Die Informationen über Gewalt, Krieg, Überfälle, Entführungen bremsen. Manchmal gilt Kolumbien – inklusive Bogotá – als Ziel für Todesmutige. Nee, lieber nicht. Auch das Auswärtige Amt warnt ja regelmäßig vor Kolumbien-Reisen.
Ende Mai hat ausgerechnet die FAZ Entwarnung gegeben. Lateinamerika-Journalist Daniel Deckers war vor Ort und hat sich nach zwanzig Jahren Bogotá erneut angesehen. Und kommt zu dem Schluss, dass die kolumbianische Hauptstadt nicht nur zu den sichersten Hauptstädten Lateinamerikas gehört, sondern auch eines der wichtigsten Kulturzentren der Region und überhaupt ein angenehmer Wohnort ist. Die Bogotá-Reportage der FAZ wurde von der Zeitung El Tiempo – Redaktionssitz Bogotá – lobend wahrgenommen, der Beitrag ihrer Deutschland-Korrespondentin findet sich auf Homepages der Stadt und der Tourismusbranche. Botschaft: Endlich haben sie es in Deutschland verstanden, Bogotá ist eine Reise wert!
Keine Bange, wir sind nicht erst im Mai durch die FAZ auf Bogotá aufmerksam geworden, um den ila-Schwerpunkt ausgerechnet dieser lateinamerikanischen Metropole zu widmen. Wir haben schon vorher die Fühler ausgestreckt, mit unseren FreundInnen und Bekannten in Bogotá, Deutschland, der Schweiz und sonst wo kommuniziert und Rücksprache gehalten. Was jetzt über Bogotá im Heft steht, ist eine gemeinsame Kreation. In gewisser Weise ist es auch ein gemeinsamer Blick, aber dieser Blick wird auf viele unterschiedliche Aspekte oder Problemfelder in Bogotá gerichtet. Bogotá ist eine Stadt der Kontraste: Was heißt das wirklich? Wie wird es wahrgenommen? Bogotá hat seit 2004 einen linken Bürgermeister: Gibt es eine Bilanz, ob sich mit ihm etwas ändert oder schon geändert hat? Und wie sieht es dort aus, wo sich die Arm-Reich-Schere besonders bemerkbar macht, in den Randbezirken, wo MigrantInnen und Binnenflüchtlinge leben und die Armut hoffnungslos stimmt und Gewalt reproduziert? Dort kann – abseits vom Zentrum und vom reichen Norden der Stadt – der Krieg nicht einfach weggeschoben und aus dem Bewusstsein gestrichen werden. Er ist präsent, auch wenn Präsident Uribe vertritt, dass es in Kolumbien keinen Krieg, sondern nur Terroristen gibt.
Nicht zu vergessen, dass Bogotá in kultureller Sicht wirklich sehr viel anzubieten hat. Damit könnte man ein ganzes ila-Heft füllen. Wir haben davon einige Spots ausgewählt, inklusive Kochrezepte. Außerdem gibt es eine Liste von Kulturevents für die ila-LeserInnen, die sich mutig genug für eine Bogotá-Reise fühlen…
Was wir mit dieser Bogotá-ila wollen? Neugierig machen! Neugierig machen auf eine Stadt, die auch innerhalb der Lateinamerika-Szene recht unbekannt ist. Einen kritischen Blick auf Bogotá werfen, der zeigt, dass es enorme soziale Probleme gibt, an deren Bewältigung gewaltig gearbeitet wird. Einen „anderen“ Blick vermitteln, aufzeigen, dass es viele Menschen und Initiativen gibt, die Reflexionen anstellen, anpacken, Probleme lösen helfen.
Allen, die an dieser Nummer mitgestrickt haben, sei herzlich gedankt. Ganz besonders danken wir Alberto Jerez, gebürtiger Bogotaner und in Neckarsulm lebender Künstler, für sein Engagement bei diesem Heft.