Diesmal dreht sich auch in der ila alles nur um das Eine, um’s Geld. Der Leser mag vielleicht denken, das ist doch ganz einfach, einer hat es, der andere nicht. Und wer es hat, braucht es nur, um es anderen zu geben, die ihm dann dafür das geben, was er braucht. Aber so einfach ist es nun mal nicht, und genau dem gehen wir im aktuellen Schwerpunkt genauer nach.
Es beginnt mit ganz praktischen Fragen. Wie kommt, zum Beispiel, das Geld von Antonia zu Berta, wenn die eine sich, sagen wir in Spanien und die andere in Peru aufhält? Eine Banküberweisung, für viele von uns eine tägliche Selbstverständlichkeit, hat eine Menge Tücken: Wer erfährt so davon, wo sich wer aufhält, was wer verdient? Wer verdient mit? Wie werden aus den spanischen Euros peruanische Soles? Oder wäre es nicht besser, dass die Angehörigen Euro oder Dollar erhalten?
Je nachdem, wie sich Antonia entscheidet, kommen unterschiedliche Mitspieler ins Spiel. Geht sie zur Bank, wird ihr Kundinnenverhalten genauestens registriert und elektronisch gespeichert. Ohne Bank ist sie auf Kurierdienste angewiesen, die in der Regel horrende „Gebühren“ verlangen. Dabei könnten die Kurierdienste für die Einzahlerin umsonst angeboten werden, weil mit dem bei den vielen MigrantInnen eingesammelten Geld vor Ablieferung bei den EmpfängerInnen große Zwischengeschäfte möglich sind. Auch bei der Umwandlung von einer Währung in die andere können Kursschwankungen genutzt und Gewinne gemacht werden.
Mag die Kundin von Bank oder Kurierdienst dies vielleicht gar nicht wissen oder sich zumindest nicht dafür interessieren, andere tun es. Noch vor wenigen Jahren schien die Tendenz zur Einführung des US-Dollars als Währung in den lateinamerikanischen Ländern unaufhaltsam. Heute halten ihn nur noch ganz vereinzelte Stimmen für die „natürliche Währung“ der Region. Seit der Handel mit Geld über Grenzen hinweg an Umfang immer mehr zunimmt – und das ist seit mehr als zehn Jahren schon der Fall – erweisen sich feste Bindungen der eigenen Währung an den US-Dollar (oder andere Leitwährungen) als problematisch. So entdecken Regierungen wie Nationalbanken Finanz- und Währungspolitik als Betätigungsfeld noch einmal neu.
Dabei werden sie von inländischem Geldbesitz kräftig unterstützt. Das sind keineswegs nur reiche Individuen, die an Geschäften jeder Art interessiert sind, sondern auch so genannte institutionelle Anleger wie heimische Pensionsfonds. Die waren mit den Privatisierungen der Altersvorsorge in einigen Ländern des Kontinents entstanden und verfügen inzwischen teilweise über beträchtliche Summen, die sie investieren wollen und müssen. Immer mehr Regierungen legen dafür Staatsschuldverschreibungen in nationaler Währung auf, Zentralbanken rücken vorsichtig vom Kurs auf den Dollar ab.
Wer das nun für eine Rückkehr zu nationalen Entwicklungspfaden hält, irrt. Hier geht es nicht um Finanzierung von Bildung, grundlegenden Nahrungsbedürfnissen oder produktiven Investitionen. Hier geht es bloß um Anlagemöglichkeiten. Die Entwicklung von Wertpapiermärkten ist der ganze Zweck des Unternehmens, die sich selbst vermehrende Kreislaufbewegung des Geldes der ganze Inhalt. Ein umlagefinanziertes Rentensystem müsse nicht schlechter sein als ein kapitalfinanziertes, schreibt ein Wirtschaftsanalyst, aber nur letzteres entwickle Renten- und Hypothekenmärkte. Das Geld auf den Finanzmärkten organisiert weder Alterseinkünfte noch die Versorgung mit täglichen Gütern, egal ob es in US-Dollar, in Euro, in Real oder in Peso notiert ist.
P.S. Wir haben unser Dossier mit Geldscheinen illustriert, auf denen Konterfeis von Revolutionären und antikolonialen Kämpfern abgebildet sind. Gerne hätten wir dabei im gleichen Umfang Banknoten mit Frauen und Männern ausgewählt. Doch wie in allen siegreichen Revolutionen die kämpfenden Frauen in die zweite Reihe zurückgedrängt werden, drucken auch revolutionäre Zentralbanken nur Bilder männlicher Revolutionäre auf die Geldscheine. Trotz intensiver Suche fanden wir nur eine Frau: Clara Zetkin auf einem Zehn-Mark-Schein der DDR.