Peru gehörte in den letzten Jahren zu den lateinamerikanischen Ländern mit den höchsten wirtschaftlichen Wachstumsraten. Diese wurde vor allem in drei Bereichen erzielt: dem Bergbau, der Exportlandwirtschaft und dem Tourismus. Dabei entfallen die meisten Investitionen auf den Bergbau, dort wird auch die höchste Rendite erzielt.
Gleichzeitig ist der Bergbau aber auch der Sektor, in dem und um den es die meisten gesellschaftlichen Konflikte gibt. Der intensive Einsatz von teilweise extrem umweltschädlichen und gesundheitsgefährdenden Stoffen (z.B. Quecksilber in der Goldgewinnung), der hohe Wasserverbrauch und die langfristige Verseuchung von Böden und Gewässern im Umfeld der Bergbaukomplexe treffen fast überall, wo die multinationalen Minenunternehmen entsprechende Förderanlagen betreiben oder planen, auf den Widerstand von AnwohnerInnen. Sie leiden bereits unter den Folgen des Bergbaus oder fürchten die Zerstörung ihrer Existenzgrundlagen, weil ihr Ackerland oder die Bäche und Flüsse, aus denen sie ihr Trinkwasser beziehen und mit dem sie ihr Land bewässern, verseucht werden. Bei diesen Konflikten kommt es immer wieder zu Gewalt: BergbaugegnerInnen werden bedroht und ermordet, oder es kommt zu Auseinandersetzungen zwischen AnwohnerInnen und Sicherheitskräften, bei denen es Verletzte und Todesopfer gibt. Aktuellstes Beispiel ist der Konflikt um die Kupfermine des schweizerisch-britischen Konzerns Xstrata im südperuanischen Espinar. Bei Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Polizei starben Ende Mai zwei Menschen, über 60 wurden verletzt. Präsident Humala hat nun einen 30-tägigen Ausnahmezustand über die Region verhängt und jegliche Versammlungen verboten.
Die intensive Exportlandwirtschaft wirft ebenfalls Probleme auf. Abgesehen von einer verheerenden Ökobilanz ist die Exportlandwirtschaft extrem kapitalintensiv und beansprucht die besten Böden und die knappen Wasserressourcen. Auch hier kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Agrofirmen und bäuerlichen Familien.
Viele PeruanerInnen hofften, mit der Wahl des von der Linken unterstützten Ex-Militärs Ollanta Humala zum Präsidenten Perus im vergangenen Jahr würde es mehr soziale Gerechtigkeit und weniger Gewalt geben als unter seinen Vorgängern. Doch schon die Zusammensetzung seines ersten Kabinetts dämpfte allzu optimistische Erwartungen. Die Schlüsselministerien wurden von RepräsentantInnen der wirtschaftlichen Machtgruppen besetzt, zudem tummelten sich auffallend viele Militärs in wichtigen Positionen. (vgl. ila 348)
Als dann nur wenige Monate später in einer Kabinettsreform die wenigen linken und linksliberalen Kabinettsmitglieder fast alle ihre Ämter verloren und durch liberale und rechte Technokraten ersetzt wurden, war endgültig klar, dass Ollanta Humala mit seinen Amtskollegen Evo Morales in Boliven und Rafael Correa in Ecuador wenig gemein hat und eher den früheren ecuadorianischen Präsidenten Lucio Gutiérrez (auch ein ehemaliger Militär) nachahmt, der ebenfalls im ersten Wahlgang mit einer linken Rhetorik punktete, um sich dann umgehend nach rechts zu orientieren. Allzu gut bekommen ist ihm das allerdings nicht.
Natürlich spielen der Bergbau und die bisherigen Erfahrungen mit der Regierung Humalas in unserem Peru-Schwerpunkt eine zentrale Rolle, aber wir berichten auch über den Umgang Perus mit seiner Bürgerkriegsvergangenheit bzw. den Vorstellungen westlicher Geldgeber zur „Erinnerungspolitik“ oder über die andine Sicht auf die Kindheit, die sich grundsätzlich von der bürgerlich-westlichen Konzeption unterscheidet. Und natürlich fehlt in unserem Länderportrait auch die Kultur nicht, es gibt Beiträge zur Musik, zur Literatur, zum Theater und natürlich zur vorzüglichen peruanischen Küche!