Mit seinen 112 000 Quadratkilometern kommt Honduras auf etwa ein Drittel der Fläche Deutschlands, hat aber nur knapp neun Millionen EinwohnerInnen. Das zentralamerikanische Land sorgt seit vielen Jahren nur für Negativschlagzeilen.
Dazu gehören Berichte über die nach wie vor fatale Sicherheitslage. Einige aktuelle Vorfälle belegen dies: Im Dezember 2016 stürmte die Polizei das Kulturcafé „Paradiso“ in der Hauptstadt Tegucigalpa – angeblich auf der Suche nach Drogen und Waffen. Bewaffnete Überfälle auf KandidatInnen der linken Oppositionspartei LIBRE sind an der Tagesordnung, zuletzt auf deren Bürgermeisterkandidat für Tegucigalpa, Jorge Aldana. Und in den letzten Minuten des Jahres 2016 wurde das führende LIBRE-Mitglied Adrián Alvarado in Morazán vor einer Kirche erschossen. Politisches Engagement in Honduras ist gefährlich. Das Land hat eine der höchsten Mordraten weltweit. Nach Berichten der Organisation für Kinder- und Jugendhilfe Casa Alianza wurden allein im November letzten Jahres 210 Menschen ermordet. Weltweit bekannt wurde der entsetzliche Mord an der indigenen Umweltaktivistin Berta Cáceres am 3. März 2016.
Auch die wirtschaftliche Situation ist angespannt: Angestellte der Nationalen Registrierungsbehörde, des Agrarinstituts INA und des Leonardo-Martínez-Krankenhauses streikten Ende Dezember, um endlich ihre ausstehenden Löhne zu bekommen.
Die Menschen in Honduras überleben vor allem dank der Remesas, der Überweisungen der im Ausland lebenden Verwandten, die 2016 knapp vier Milliarden US-Dollar schickten. Das ist in der Zahlungsbilanz der zweitgrößte Posten nach den Einnahmen aus dem Kaffeeexport. Schätzungen zufolge leben aktuell über eine Million HonduranerInnen in den USA, davon über 90 Prozent ohne gültigen Aufenthaltsstatus.
Im Jahr 2016 sind gut 22 000 von ihnen aus den USA abgeschoben worden und knapp 45 000 aus Mexiko – das sind, wohlgemerkt, Zahlen aus der Prä-Trump-Ära. Man mag sich gar nicht ausmalen, was sich alles noch zuspitzt, wenn der wahnsinnige Milliardär aus Washington nun Ernst macht mit seinen angekündigten Antimigrationsplänen – Mauerbau, Einreiseverbote, verstärkte Abschiebungen.
Doch der Migrationsdruck wird bestehen bleiben. Trumps berühmte Mauer wird daran nichts ändern. Von solcherlei Aufrüstungsmaßnahmen werden nur die Schlepper und in Mexiko vor allem Kartelle wie die Zetas profitieren, die die Transitmigrationsroute unter ihre Kontrolle gebracht haben.
Damit die Leute vor Ort bleiben, ist vor zwei Jahren von der Obama-Regierung die sogenannte „Allianz für Wohlstand“ für die Länder des mittelamerikanischen „Nördlichen Dreiecks“ – (Guatemala, Honduras und El Salvador) ausgehandelt worden. Deren formulierte Ziele sind die Stärkung von Wirtschaft, Infrastruktur und Justiz, des Weiteren Sozial- und Ausbildungsprogramme, alles mit dem Ziel, die Sicherheitslage zu verbessern und die Migration einzudämmen.
Gleichzeitig wurden die „Rückführungen“ von HonduranerInnen ohne Papiere forciert. Für diejenigen, die abgeschoben werden, tut sich derzeit eine neue Jobperspektive auf: US-Callcenter verlagern im großen Stil ihre Standorte nach Mittelamerika, gibt es dort doch immer mehr Leute, die lange in den USA gelebt haben und gut Englisch sprechen. Callcenter gehören zu den wenigen Sektoren, die in Honduras (und anderen mittelamerikanischen Ländern wie El Salvador) boomen. In diesem Sektor wird Trumps Abschottungspolitik jedenfalls zu weiteren Jobverlusten in den USA führen – auch wenn es mies bezahlte Jobs sind.
Ein ziemlich bitteres Szenario. Aber es gibt auch andere Facetten: Menschen, die sich nicht unterkriegen lassen, indigene oder afro-honduranische Organisationen, die für ihr Land und eine intakte Umwelt streiten. Bewegungen, die nach dem Putsch 2009 entstanden oder zumindest einen enormen Mobilisierungsschub erlebten und die nach wie vor für ein besseres Honduras und für ihre Rechte streiten, etwa die Organisationen der LGBTI-Community. Zuletzt haben die Proteste der Studierenden gegen Korruption und erschwerte Studienbedingungen für Aufmerksamkeit gesorgt. Man kann es auch wie der honduranische Gewerkschaftsaktivist Carlos H. Reyes betrachten: „Man darf nicht verzagen. Wir hatten in der Vergangenheit schon schlimmere Situationen, die wir letztlich auch überwunden haben.“ Das können wir so stehen lassen.
Der Schwerpunkt dieser ila ist übrigens dem unermüdlichen Engagement der HondurasDelegation zu verdanken: Die TeilnehmerInnen der letzten Delegationsreise Ende 2016 haben zu einem Großteil die Beiträge und Fotos zu diesem Schwerpunkt beigesteuert. Wir bedanken uns herzlich für die überaus fruchtbare Zusammenarbeit!