Der Kultur geht es schlecht, viele Künstler*innen sind in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Das hört man dieser Tage, wo große Teile des Kulturlebens pandemiebedingt brachliegen, allenthalben. Das gilt natürlich nicht nur für unsere Breiten, sondern für fast alle Weltregionen – auch für Lateinamerika.

Während es aber in Mitteleuropa wenigstens teilweise Hilfsangebote für Künstler*innen gibt (obwohl viele durch das Raster der Förderungsrichtlinien fallen) und sie notfalls auch staatliche Sozialleistungen beantragen können, ist die Lage für ihre Kolleg*innen in Lateinamerika ungleich dramatischer. Das hat uns zu der Frage geführt, wie kulturelle Aktivitäten dort generell gefördert werden und wie sich Kulturschaffende finanzieren.

Natürlich gibt es in Lateinamerika genau wie in Europa erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern und den kulturellen Genres. So existieren etwa vielerorts Programme zur Filmförderung, während Theater kaum Unterstützung erfahren. Viele Länder und auch einige sehr große Städte unterhalten Symphonieorchester mit eleganten Räumlichkeiten, andere Gruppen, etwa aus dem Jazz oder Punk, finden nicht einmal Probenräume oder
geeignete Orte für ihre Auftritte.

So haben wir eine kleine Reise durch die lateinamerikanische Kulturszene unternommen und Künstler*innen beziehungsweise Leute aus kulturellen Projekten gefragt, wie sie ihre Arbeit finanzieren. Naturgemäß sind das einzelne Stimmen, verallgemeinern lassen sich die Aussagen nicht unbedingt. Was vielleicht in Mexiko möglich ist, ist in Peru undenkbar, was in Cuba geht, ist wahrscheinlich in Chile weitaus schwerer zu realisieren.

Förderung klingt erst mal gut, ist aber in der Regel mit Auflagen verbunden. Die können durchaus sinnvoll sein, wenn etwa bestimmte Qualitätskriterien verlangt werden (wobei immer die Frage ist, wer das auf welcher Grundlage definiert). Sie können aber auch sehr problematisch sein, wenn sie ästhetische Projekte ausgrenzen, die sich kritisch mit politischen und wirtschaftlichen Machtverhältnissen auseinandersetzen.

Sicherlich stehen schon aufgrund der wirtschaftlichen Ressourcen in Lateinamerika weniger Mittel für Kulturförderung zur Verfügung als in Deutschland, Österreich, der Schweiz oder Luxemburg. Reichere lateinamerikanische Länder können mehr Geld für Kultur ausgeben als ärmere Nationen. Aber es kommt auch darauf an, welchen Stellenwert und welche Wichtigkeit die Gesellschaften der Kunst und Kultur einräumen. Der ist beispielsweise in Argentinien höher als in Brasilien oder in Cuba höher als in der Dominikanischen Republik. Zudem hängt der bewilligte Etat häufig auch vom Engagement überzeugender Persönlichkeiten ab, die gleichzeitig mit einer künstlerischen Vision und politischem Geschick ausgestattet sein müssen, wenn sie bestimmte kulturelle Initiativen voranbringen wollen. Dadurch wurde es zum Beispiel möglich, dass Venezuela seit vielen Jahren das weltweit vielleicht beste System der Förderung klassischer musikalischer Ausbildung für Jugendliche hat.

Der Fokus dieses Schwerpunktes liegt auf der Förderung kultureller Projekte in Lateinamerika. Aber wie wir es gerne tun, blicken wir auch nach Europa und haben etwa gefragt, wie die Übersetzungen lateinamerikanischer Bücher ins Deutsche gefördert werden. Ebenso hat es uns interessiert, wie die Übersetzungen fremdsprachiger Titel ins Spanische für den mexikanischen Buchmarkt unterstützt werden.Wer lateinamerikanische Künstler*innen unterstützen und sich selbst etwas Gutes tun will, sollte sich vor allem mit deren Werken beschäftigen. Bücher, Tonträger und Filme kann (und soll) man auch in Zeiten der Pandemie erwerben und sich zu Gemüte führen. Irgendwann wird es wieder Konzerte und Theatervorstellungen geben, die Kinos (zumindest die, die dann noch existieren) werden Filme zeigen, und es wird auch wieder alte und neue Festivals in den unterschiedlichsten Genres geben. Zumindest hoffen wir das!

P.S. Nach jahrelangen Kämpfen hat es die argentinische Frauenbewegung Ende Dezember geschafft, dass beide Kammern des Kongresses einem Gesetz zugestimmt haben, das Abbrüche in den ersten 14 Wochen der Schwangerschaft entkriminalisiert. Wir gratulieren den Argentinier*innen zu diesem Erfolg und wünschen den chilenischen und peruanischen Aktivist*innen, dass auch sie in den anstehenden Verfassungsprozessen die rigiden Abtreibungsverbote kippen können.