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Während „Landkonflikte“ seit Jahrzehnten ein fester Begriff in politischen Diskussionen ist, wird der Terminus „Wasserkonflikte“ fast nie verwendet, es sei denn, es geht um Trinkwasser. Dabei sind die Kämpfe um das Wasser mitsamt den darin lebenden Tieren und Pflanzen mindestens genauso konfliktiv wie die um Böden. Und sie werden ebenso ausgetragen. Es gibt in vielen Regionen Lateinamerikas Auseinandersetzungen um den Zugang zu und die Nutzung von (Süß-)Wasserreserven, um „Water Grabbing“ und die Verschmutzung von Gewässern durch landwirtschaftliche und industrielle Produktion sowie den Bergbau, um den Fischfang und anderes mehr.

Diese vielfältigen Arten von Wasserkonflikten haben wir in 46 Jahren ila bislang nur in zwei Schwerpunkten zur Nutzung der Meere und vergleichsweise wenigen Einzelbeiträgen zu Wasser im Kontext von Land- und Bergbaukonflikten thematisiert.

In dieser Ausgabe rücken wir deshalb Gewässer, ihre Bedeutung und ihre Bedrohung in den Fokus und blicken dabei bewusst sowohl auf Flüsse und Seen als auch auf Meere und Ozeane. Denn sie sind gleichermaßen gefährdet. Viele der Schadstoffe, die die Meerestiere und -pflanzen bedrohen, gelangen über Flüsse in die Ozeane.

Müll und speziell Plastikmüll werden inzwischen global als gravierendes Problem für Gewässer gesehen. Die UN schätzen die weltweite Plastikproduktion derzeit auf 400 Millionen Tonnen im Jahr. Bis 2040 soll sie sich noch einmal verdoppeln. Dabei sind die Auswirkungen schon jetzt dramatisch. Besonders Mikroplastik führt zur Zerstörung maritimer Ökosysteme. Auch wenn dieses Thema mittlerweile gerne in dramatisch inszenierten TV-Dokus gezeigt und auf Social Media skandalisiert wird, gibt es eine Reihe von Phänomenen rund um Plastik und Meeresmüll, die dringend von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen werden sollten. Schließlich verstellen die in der PR von Unternehmen gerne hervorgehobenen Konzepte wie Recycling und Kreislaufwirtschaft die Sicht darauf, dass der größte Teil der Plastikverpackungen entweder gar nicht recycelt werden kann oder dies schlicht nicht passiert. So wird der meiste Plastikmüll mit erheblichem CO2-Ausstoß verbrannt oder in die Länder des Südens exportiert, wo er meist auf Müllkippen und über diese oft im Meer landet. In Mexiko ist Plastikmüll, überwiegend aus den USA, bereits das fünftgrößte Importprodukt.

Ein weiteres Thema ist die Verschmutzung der Meere wie der Binnengewässer durch intensive Landwirtschaft, Bergbauaktivitäten sowie Abwässer privater Haushalte. Während es in den Industriestaaten durch strengere Auflagen und ein flächendeckendes Netz von Kläranlagen bei der Reinhaltung der Flüsse und Seen Fortschritte gibt, ist die Situation in Lateinamerika vielerorts nach wie vor dramatisch.

Neben der Einleitung von Schadstoffen sind Flüsse, Seen und Meere auch durch ihre Nutzung gefährdet. Tourismus, Schifffahrt, industrielle Fischerei, Aquakultur in ökologisch wertvollen Küstengebieten und Mangrovenwäldern bedrohen die in den Gewässern lebenden Fische und Meerestiere. Dies trifft besonders die Menschen, die an und von den Küsten in Lateinamerika leben, besonders die kleinen, handwerklich arbeitenden Fischer, die immer weniger fangen. Während die kleinen Fischer ihren Fang lokal vermarkten und damit die Eiweißversorgung der Bevölkerung sichern, gehen große Teile der von den industriellen Flotten gefangenen Fische und Meeresfrüchte in den Export weit weg nach Nordamerika, Europa und zunehmend auch Asien.

Noch sind die Meere und Binnengewässer wichtiges Nahrungsmittelreservoir für Millionen von Menschen in Lateinamerika, die über hunderte, teilweise tausende von Jahren die Gewässer-Ressourcen schonend für ihre Gemeinschaften genutzt haben. Dies muss auch für die Zukunft gesichert werden. Doch dafür braucht es, ebenso wie in der Landwirtschaft, andere und nachhaltigere Formen des Wirtschaftens.

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