Das 39. Münchner Filmfestival DOK.fest zeigt u.a. lateinamerikanische Filme

 Vorab aus der ila 475                                                                                                                                                                                                                 Verena Schmöller

Im Kino. Zuhause“ lautet das Motto des 39. DOK.fest München. Das Festival, das die ersten zwölf Tage im Mai in den Münchner Kinos stattfindet, zeigt 90 Prozent seiner Filme auch online: Vom 4. bis 15. Mai 2024 können sie deutschlandweit gestreamt werden. Aus den rund 1300 eingereichten Filmen hat das Team um Festivalleiter Daniel Sponsel 109 Produktionen ausgewählt, darunter sechs spannende Filme aus Lateinamerika.

Venezuela: Country of Lost Children“ (Deutschland, Venezuela 2023) von Juan Camilo Cruz und Marc Wiese widmet sich den Verlassenen und Vergessenen in Venezuela. Wegen der großen Armut in der Bevölkerung schaffen es viele Eltern im Land nicht mehr, ihre Kinder zu ernähren. Kinder wie Erwachsene erzählen davon, wie es sich anfühlt zu hungern, und was sie unternehmen, um zumindest an ein Minimum an Nahrung zu gelangen. Eine Mutter begräbt ihren verhungerten Säugling, und die Waisenkinder im Heim arbeiten behutsam die Traumata auf, die ihre Lebensumstände mit sich bringen. Der Dokumentarfilm vermittelt die unendliche Trauer und Verzweiflung, die für so viele Menschen Alltag ist – in einem Land, das eigentlich reich an Öl und Bodenschätzen ist wie kein anderes weltweit. Für den Film und die Organisation der nicht ungefährlichen Dreharbeiten erhält Produzent Oliver Stoltz den VFF Dokumentarfilm-Produktionspreis 2024, der am 7. Mai in der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film verliehen wird.

Auch „A Wolfpack called Ernesto“ (Frankreich, Mexiko, Schweiz 2023) von Everardo González spielt in einem gefährlichen Milieu: in der Welt der mexikanischen Drogenkartelle, die rund 30000 junge Menschen unter 18 Jahren als Killer beschäftigen. Der Film besticht durch seine Kameraarbeit: Everardo González befestigte Handys am Rücken seiner Protagonist*innen, um das Publikum an deren Leben teilhaben zu lassen und mitten ins Geschehen hineinzuziehen.

In „Malqueridas“ (Chile, Deutschland 2023) blickt Tana Gilbert mit den Aufnahmen von versteckten Handys in den Alltag eines chilenischen Frauengefängnisses. Die Mütter werden von ihren Kindern getrennt, sobald diese ihren zweiten Geburtstag feiern. Schließlich schreibt das Gesetz vor, dass Kinder nur bis zum zweiten Lebensjahr bei der inhaftierten Mutter leben dürfen. Die Frauen erzählen von ihrer Sehnsucht, der großen Liebe zu ihren Kindern und vom Trost, den sie in der Gemeinschaft finden.

Der brasilianische Beitrag von Sandra Kogut, „No Céu da Pátria Nesse Instante“ (Brasilien 2023), nimmt die Zeit des Wahlkampfes zwischen Jair Bolsonaro und Luiz Inácio Lula da Silva in den Fokus und macht deutlich, wie gespalten das größte Land Lateinamerikas ist. Beide Seiten kämpfen entschlossen um „ihr Land“, was der Film treffsicher einfängt.

In „Los Últimos“ (Paraguay 2023) begibt sich Sebastián Peña Escobar auf einen Roadtrip. Der Filmemacher will die letzten verbliebenen Urwälder Paraguays mit seiner Kamera festhalten, bevor sie dem Klimawandel zum Opfer fallen: Starke Waldbrände hinterlassen regelmäßig in den Gebieten der indigenen Ayoreo, Ishir und Nivaclé ihre Spuren. Bei seinem filmischen Projekt wird der Regisseur von seinem Onkel Jota unterstützt, einem Vogelexperten, sowie von dessen langjährigem Freund Ulf, einem deutschen Experten für Nachtfalter. Sie erzählen von ihrer Liebe zur Natur. Und von der Schönheit der Welt, die auch gut ohne Menschen auskommen könnte.

Hoffnung macht schließlich der Film „Ozogoche“ (Belgien, Ecuador, Qatar 2023) von Joe Houlberg Silva. Er nimmt die Ozogoche-Gemeinschaft in den ecuadorianischen Anden in den Fokus. Der Dokumentarfilm fängt die karge Schönheit, die beeindruckende Landschaft und die farbenprächtige Kultur der Ozogoche ein. Damit öffnet er dem Publikum ein weiteres Fenster in eine schützenswerte Welt.

Lateinamerika- wie Dokumentarfilm-Fans in ganz Deutschland haben vom 4. bis 15. Mai 2024 die Möglichkeit, sich die Filme im Online-Kinosaal anzusehen. Ein Online-Ticket kostet 5 Euro, ein Online-Festivalpass für das gesamte Festival 50 Euro.

www.dokfest-muenchen.de.

https://www.dokfest-muenchen.de/Filme?films_festival=22&films_tag=294

Das Festival hat auf seiner Seite den #Lateinamerika, der auf die genannte Seite führt.

Filme im Überblick

No Céu da Pátria Nesse Instante / At this Moment, in the Nation’s Sky (Brasilien 2023) von Sandra Kogut (DOK.panorama) (Link zum Film)

A Wolfpack Called Ernesto (Frankreich, Mexiko, Schweiz 2023) von Everardo González (Link zum Film)

Land der verlorenen Kinder (Deutschland, Venezuela 2023) von Juan Camilo Cruz (Link zum Film)

Los Últimos (Paraguay 2023) von Sebastián Peña Escobar (Link zum Film)

Malqueridas (Chile, Deutschland 2023) von Tana Gilbert (Link zum Film)

Ozogoche (Belgien, Ecuador, Qatar 2023) von Joe Houlberg Silva (Link zum Film)