Für die nächsten 50 Jahre ila ist es wieder einmal Zeit, die Ärmel hochzukrempeln.

Liebe Leser*innen und Freund*innen der ila,

Degrowth ist in aller Munde. Viele sozial-ökologische Bewegungen betonen, dass der radikale Bruch mit der kapitalistischen Wachstumslogik angesichts von Klimakrise und zunehmenden sozialen Verwerfungen dringend geboten sei. Weiteres Wirtschaftswachstum, sagen die Bewegungstheoretiker*innen, sei ökologisch nicht vertretbar und führe auch keineswegs zu mehr Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit. Also gelte vielmehr, schrumpfen sei angesagt und die Suche nach sozialeren Formen des Wirtschaftens.

Doch was kommt dann?

Es gibt durchaus Wirtschaftszweige, die Degrowth praktizieren (müssen), doch erfreuen sich die bisher keineswegs der Segnungen einer Postwachstumsgesellschaft. So geht es den Printmedien, also gedruckten Zeitungen und Zeitschriften. Deren Auflagen sinken seit Jahren kontinuierlich. Besonders betroffen sind die Tageszeitungen, die in den letzten zwei Jahrzehnten die Hälfte ihrer Leser*innen verloren haben. Bei Zeitschriften sind die Rückgänge nicht so stark, aber doch deutlich spürbar. Nun wäre ja durchaus darüber zu diskutieren, ob jede*r jeden Tag, Woche oder Monat eine eigene Zeitung/Zeitschrift haben muss, die nach der Lektüre ins Altpapier wandert. Es ist sicher sinnvoller, wenn mehrere Leute eine Zeitung/Zeitschrift lesen.

Einer unserer ältesten Leser, der 2017 im Alter von 101 Jahren gestorbene Publizist und dissidente Kommunist Theodor Bergmann, sagte einmal bei einer Diskussion, dass er die ila regelmäßig lese. Als wir ihn danach ansprachen und fragten, wo er die denn lese, er habe doch gar kein Abo, meinte er, seine Nachbarin bringe ihm die ila immer vorbei, wenn sie sie gelesen habe. Darüber haben wir uns sehr gefreut. Das Argument, dass gedruckte Publikationen ohnehin aus der Zeit gefallen seien und noch dazu Wälder und Zellulose verschwendeten, die Zukunft also einzig digitalen Publikationen gehöre, teilen wir dagegen nicht. Abgesehen davon, dass viele Leser*innen gerne eine Publikation in den Händen halten und die ila (außer dem Umschlag) seit Jahrzehnten auf Recyclingpapier gedruckt wird, ist vielfach belegt, dass viele Artikel, die Leute im Netz entdecken, um der besseren Lesbarkeit willen ausgedruckt werden.

So weit zur Papierersparnis – aber zurück zu Degrowth und den Printmedien.

Die Ideen der Degrowth-Bewegung gehen davon aus, dass es auch ohne Wachstum in einem solidarischen Wirtschaftssystem genug für alle gebe. Bei den Printmedien würde das bedeuten, dass sie sich nicht allein durch den Verkauf und, soweit vorhanden (bei uns leider nicht), Werbeeinnahmen finanzieren, sondern dass ihre Kosten anders gedeckt werden, etwa durch eine institutionelle Förderung oder eine Kulturflat¬rate. Das sind interessante Gedanken, die es lohnt, weiter zu verfolgen und zu entwickeln.

Aber so weit sind wir noch nicht und wir müssen hier und jetzt bei leicht rückläufigen Aboerlösen steigende Kosten decken.

Wir wollen nicht auch die Preise erhöhen, aber irgendwo muss das Geld herkommen, das wir brauchen, um weitermachen zu können. Die ila gibt es seit mittlerweile fast 50 Jahren und wir wollen noch mindestens genau so lange weitermachen. Deswegen krempeln wir die Ärmel hoch: Wir renovieren unsere Büros, updaten unsere Hard- und Software und schieben langsam den Generationenwechsel an. Bei all den Herausforderungen geht es uns vor allem um eins: das kritische Medium bleiben, das nah an sozialen Bewegungen und aktuellen Debatten die politischen Prozesse in Lateinamerika begleitet und euch, liebe Leser*innen, jeden Monat spannende Interviews und hintergründige Analysen druckfrisch nach Hause oder auf den Bildschirm zaubert.

In diesem Sinne freuen wir uns auch in diesem Jahr über Spenden (Spendenkonto bei der Postbank Köln: IBAN DE89 3701 0050 0058 3995 01. Und über neue Abos (nicht um zu wachsen, sondern um den Abostand, mit dem wir gerade noch über die Runden kommen, zu halten). Wie wär’s damit, zum nächsten Anlass (Geburtstag, Weihnachten, Babyshower oder Scheidungsparty) ein ila-Abo zu verschenken?

Mit solidarischen Grüßen für die Redaktion

Mirjana Jandik, Britt Weyde & Gert Eisenbürger